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Walther Kabel: Berühmte Piepenmeister (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9)

bei einem polnischen Grafen gewesen sein wollte, nachprüfen. Wirklich mußte man Wenzel Priszka schließlich laufen lassen. Er aber mochte sich von dem Fürsten, der ihm das Leben gerettet hatte, nicht mehr trennen. Auf seine flehentlichen Bitten nahm ihn Friedrich Wilhelm unter seine Dienerschaft auf und übertrug ihm das Amt des Piepenmeisters.

Als der Kurfürst im Winter 1678 mit seinem Heere auf Schlitten über das Kurische Haff eilte, um die unter Wrangel in Ostpreußen eingefallenen Schweden zu vertreiben, geriet der kleine Schlitten, auf dem Priszka mit vier Dienern Platz gefunden hatte, in eine offene Stelle des Eises. Dem gewandten Priszka gelang es jedoch, sich und seine vier Gefährten lebend aus dem eiskalten Wasser wieder herauszuziehen. Als Anerkennung für den hierbei bewiesenen Mut schenkte Friedrich seinem Piepenmeister ein großes Bauerngehöft bei Königsberg, dessen Einkünfte Priszka regelmäßig ausgezahlt wurden.

Nach dem 1680 erfolgten Tode des Großen Kurfürsten verlegte der überall hochgeachtete Piepenmeister seinen Wohnsitz dorthin und bewirtschaftete mit Hilfe seiner Söhne – er besaß nicht weniger als fünfzehn Kinder, neun Söhne und sechs Töchter – sein Gut selbst. Seine Nachkommen, die einen deutschen Namen führten, wurden von Friedrich dem Großen geadelt und bestehen noch heute in zwei Linien, einer freiherrlichen und einer gräflichen, in Ostpreußen und Westfalen.

Wenzel Priszka, der eine der volkstümlichsten Erscheinungen der Residenz des brandenburgischen Herrschers war, hatte eigentlich nur einen einzigen Feind und Widersacher: den Piepenmeister des alten Derfflinger, einen früheren Leipziger Barbier namens Gottlieb Knurst. Zwischen diesen beiden Männern bestand fortgesetzt die Eifersucht, wer von ihnen bei den Berlinern beliebter sei. Feldmarschall Derfflinger, der derbe Scherze liebte, stachelte den Neid und die Eifersucht seines braven Knurst immer wieder absichtlich an, nur um die Freude zu erleben, daß die beiden grimmigen Feinde gelegentlich mit Stöcken übereinander herfielen und sich gehörig die Röcke und die gepuderten Perücken ausklopften.

Gottlieb Knurst wurde auch aus bösem Rachegefühl zum

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Walther Kabel: Berühmte Piepenmeister (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1915, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ber%C3%BChmte_Piepenmeister.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)