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benutzt werden. Und wenn auch bei einem Bilde, wo selbst die Farben allegorisch seyn sollten, gerade über Farbengebung und Haltung manche Verschiedenheit des Urtheils Statt fand, ja wenn auch darüber die Meinungen getrennt blieben, ob es thunlich sey, die vollkommne Portraitähnlichkeit in das Gesicht des Stürzenden zu bringen, da dies dem Reinsymbolischen zu widersprechen schien, so fehlte es doch nirgends an freudiger Anerkennung des charakteristischen Ausdrucks in diesem echtpatriotischen Gemälde, dessen Sinn sogar der Begebenheit selbst noch prophetisch vor auseilte.[1]

Mit ungetheiltem Beifalle ist auch in den Sälen dieser Kunstausstellung ein Werk der plastischen Kunst, ein Siegesobelisk zum Andenken der Völkerschlacht bei Leipzig gesehen worden. Der Obelisk selbst, von ungefähr 2½ Schuh Höhe, ist zwar nur von Gyps, hat aber durch einen künstlichen Anwurf die Farbe von grünem Marmor (verde antico) bekommen. Auf den vier Seiten, unten, wo die breiteste Fläche ist, erheben sich im Relief in vergoldeten Uncialbuchstaben die vier Inschriften: Russia vindex. Borussia phalanx. Austria judex. Suecia redux. Man wird ohne weitläuftigen Commentar das Treffende und die in der Zeitgeschichte vollkommen begründete Anwendbarkeit dieser vierseitigen Inschrift erkennen.[2]

Ueber jeder schwebt zwischen einem sich überkreuzenden Palm- und Eichenzweige und einem Lorbeerkranze in der Mitte eine Mauerkrone, als sicherndes Merkmal des auf Sieg erbauten Völker- und Bürgerglücks. Der Obelisk ruht auf

  1. Einer der schroffsten Berge auf der Eisen- und Magnetinsel Elba ist der Monte Giove. S. Lettres sur l’histoire naturelle de l’isle de l’Elba, écrites au Comte de Borch, par Koestlin (Wien, Kraut 1780. Das Beste, was wir über diese Insel haben), p. 25. Da mag also der entthronte Jupiter künftig seine Residenz nehmen!
  2. Der Verfasser selbst hat die Bedeutung dieser Inschriften in folgenden schönen Stanzen ausgeführt.

    Gen Himmel strebt das Denkmal großer Tage,
         Wo die gesunkne Menschheit sich erhob;
    Vier Kronen lagen in des Schicksals Waage,
    Vier Herrscher selbst gewannen gleiches Lob,
    Das hier das Reich der Finsternis und Plage
         Vor ihrer heil’gen Kraft in Trümmern stob;
    In einem Geist sah man das Werk bereiten,
    Und gleich gelang der Schlag von allen Seiten.

                   Borussia phalanx.
    Den Phalanx rühmt der grauen Vorzeit Kunde,
         Ein eh’rner Wall trotzt’ er im Sturm der Schlacht,
    Und in des Kampfes folgenschwerer Stunde,
         Ward stets von ihm das Herrlichste vollbracht:
    So stritt am großen Tag im heil’gen Bunde
         Der Preußen Heer – gestählt von Gottesmacht.
    Der Phalanx eilt – umweht von Siegespalmen,
    Despoten und Satrapen zu zermalmen.


                   Austria judex.
    Wer richtet muß Gerechtigkeit erkennen,
         Ob auch das Herz des strengen Richters bricht:
    Vom eignen Blut muß sich ein Brutus trennen,
         Wenn er des Hochverrathes Urtheil spricht.
    Gerecht wird es die Nachwelt ewig nennen,
         Was Oesterreich gethan zum Weltgericht;
    Es sprach gelind sein Kaiserwort zum Frieden,
    Und hat dann scharf mit Gott und Recht entschieden.


                   Russia vindex.
    Europa trug des Usurpators Bande,
         Frech, wie sein Volk, sprach er den Fürsten Hohn.
    Sieh’, da erglüht aus Moskau’s heil’gen Brande
         Des Nordens Kraft – die stolzen Frevler flohn –
    Und Heil und Freiheit kam in alle Lande,
         Und Wort und That ging aus von Rußlands Thron,
    Und Rußlands Heer, zum Sieg der guten Sache,
    War stark im Geist der Freiheit und der Rache.


                   Suecia redux.
    Den Enkeln ziemt’s, der Ahnen Ruhm zu wahren –
         Wenn Deutschland seufzt, erhebe Schweden sich!
    Der fromme Gustav kam mit treuen Schaaren,
         Und kämpft’ und starb für Deutschland königlich;
    Sich solcher Krone werth zu offenbaren,
         Zog Schwedens Fürst den Degen ritterlich,
    Und half und schlug und eilt’ auf Siegesflügeln,
    Den Uebermuth der Peiniger zu zügeln.

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    Weltbürger! jauchzt der Freiheit Sieg und Rache!
         Preis’t jedes Volk, das sich verjüngt erhebt!
    Preis’t Albion, das für die gute Sache
         Die Kämpfenden mit Rath und That belebt,
    Und daß es Ordnung, Recht und Licht bewache,
         Wie Gottes Geist auf den Gewässern schwebt!
    Und jedem heil’gen Streiter weiht zum Lohne
    Beim Friedensfest Europa’s Bürgerkrone.

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Patriotische Kunstwerke auf der Dresdner Kunstausstellung 1814. Königl. Sächs. Privil. Adreß-Comptoir, Dresden 1814, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beitr%C3%A4ge_zur_Belehrung_und_Unterhaltung_1814_Seite_430-438.djvu/4&oldid=- (Version vom 16.9.2024)