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Zeit kaum einige ausstellbare Kunsterzeugnisse zutrauten, mit Gemälden, Kupferstichen, Handzeichnungen, Stickereien, Modells und Sculpturarbeiten; und waren darunter auch gleich manche alte Bekannte, so waren es doch meist Lieblinge, die man gern wieder sah. Eine Prüfungsschau aller oder doch der vorzüglichern Kunstwerke, die in diesen fleißig besuchten Sälen die Aufmerksamkeit des Publicums auf sich zogen, gehört in deutsche Kunstannalen, deren Daseyn wohl an demselben Tage in Paris decretirt wurde, an welchem der Kunstraub deutscher Museen, von dem französischen Verres Denon Jahre lang ungestraft verübt, von dem alten rechtmäßigen Kunstbesitz in den Pariser Kunstsälen geschieden werden konnte.

Unsere Blätter können hier nur einiger Kunstwerke in der Dresdner Ausstellung Erwähnung thun, in welchen die Stimme der Zeit sich zu patriotischen Zwecken rein aussprach, und mit dem Zauber der Kunst begabte Gefühle, wie sie jetzt jede deutsche Brust heben und beleben, lebendiger erregte. Am längsten und liebsten verweilten die Betrachtenden bei einem Gemälde des Professors Hartmann, obgleich der Künstler selbst im Verzeichniß es nur eine Skizze genannt wissen will, wozu die Stelle aus Offenbarung Johannis 6, 8. angeführt wird: „Und siehe, ein fahl Pferd, und der darauf saß, deß Name hieß Tod und die Hölle folgte ihm nach; und ihm ward Macht gegeben zu tödten den vierten Theil auf Erden mit dem Schwerdt und Hunger und mit dem Tod und durch die Ehre auf Erden.“ Zugleich wird bemerkt, diese Skizze sey schon im Mai 1813 entworfen worden. Gerade in diesem Monate ergossen sich die französischen Heer-und Heuschreckenschaaren mit allen Schrecknissen und Drangsalen eines Vertilgungekriegs über Dresdens blühendes Elbparadies. Dem hochherzigen Künstler machte da seiner gepreßten Brust diese apocalyptische Allegorie Luft – facit ira tabellam. Es gehörte Muth dazu. Unter den Kanzleimännern des Herzogs von Bassano befanden sich auch Kunstfreunde und Dilettanten. Sie besuchten Hartmanns Kunstwerkstätte. Er ließ sich dies nicht stören. Nur als Maret selbst diese drollige Idee zu sehen wünschte, fand die Klugheit Mittel, solchem Ansinnen auszuweichen. Das Bild ist eben so genialisch gedacht als ausgeführt. Es verdient mehr als andere Bildwerke, die aus der Zeit hervorgingen, durch einen Kupferstich vervielfältigt zu werden. Das gigantische Knochengerippe mit der mähenden Sichel auf dem feuerschnaubenden fahlen Roß[1] im Mittelpunkte. Hinter ihm aus schwarz qualmendem Höllenbrudel die ganze Sippschaft höllischer Plagegeister aus dem entriegelten Höllenschlunde in furchtbarem Falle dem Winke ihres Anführers folgend und sich in allen Richtungen auf die verdunkelte Erde herabstürzend. Es verdient mit Achtung erwähnt zu werden, daß der Künstler dieser Höllenbrut nicht durch Verschmelzung des Thierischen mit der Menschengestalt eine fantastische Häßlichkeit zu geben suchte. Es sind menschliche Figuren, kaum hier und da durch ein gebogenes Widderhorn über dem Ohre der Thierheit zugetheilt. Desto furchtbarer ergreift uns die teuflische Schadenfreude und Zerstörungswuth, die sich in jeder Geberdung und Miene an mehr als achtzig kleinen und größern Figuren in den verschiedensten Abstufungen ausdrückt. Man wird unwillkührlich an die Würde der Sixtinischen Capelle erinnert, ohne daß man den Künstler, der sie freilich während seines vieljährigen Aufenthalts in Rom oft betrachtet haben mag, eine bestimmte Reminiscenz anzugeben vermöchte. Bestien, Ungeheuer

  1. Der heilige Seher wollte damit die schmutziggelbe Farbe (color luridus) andeuten, die an Allen bemerkt wird, welche an der Pest starben. Denn die Pest sitzt hier zu Pferde (Robespierre à cheval), wie alle Erklärer bezeugen (s. Eichhorns Comment. in Apocalyps. p. 205 ff.), nicht der Tod im Allgemeinen. Und wahrlich, wer die französischen Lazarethe und die, welche diesen Pestgruben etwa noch entkommen waren, gesehen hat, kennt diese Leichenfarbe des furchtbarsten Typhus.
Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Patriotische Kunstwerke auf der Dresdner Kunstausstellung 1814. Königl. Sächs. Privil. Adreß-Comptoir, Dresden 1814, Seite 431. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beitr%C3%A4ge_zur_Belehrung_und_Unterhaltung_1814_Seite_430-438.djvu/2&oldid=- (Version vom 15.9.2024)