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Patriotische Kunstwerke auf der Dresdner Kunstausstellung 1814.

Es gibt eine Poesie und eine Prosa der Kunst. Jene, von himmlischen Aeltern erzeugt, schwebt über der Dürftigkeit des alltäglichen Menschenlebens und über dem, was nur die Zeit in ihrer augenblicklichen Erscheinung fordert und billigt. Diese ist dem Zeitgeiste unterthan und Handlangerin oder Dienstmagd des Luxus, der Launen, des Zeitbedürfnisses.

Sagen wir nicht, daß wenn in dieser verhängnißschwangern, tiefbewegten Zeit der Erlösung Europa’s auch die bildende Kunst ihr Hochgefühl durch Erzeugnisse beurkundet, die in der Zeit empfangen und mit ihrem Stempel bezeichnet sind, dieß auch in den Sprengel gehöre, wo nur die prosaische Dienstbarkeit der Kunst wohnt. Das mag von gewissen Zerr- und Spottbildern, oder von ephemeren Erfindungen des Putzes oder der Verzierungskunst überhaupt im nächsten Modemagazine gesagt werden. Und doch ist schon in diesen Blättern einmal der Satz ausgeführt worden: auch die Mode darf patriotisch seyn![1] Aber wo die Kunst als eine wirklich schaffende, als eine selbstständige Idee in der Darstellung auftritt, da schwebt sie, wie jene Siegesgöttin, der unter den Imperatoren Jahrhunderte lang die Senatoren in der Verhalle der römischen Curia Weihrauch streuten, mit leichtberührender Fußzehe über der Erdkugel. Dann ist sie, was sie in den schönsten Zeiten Griechenlands und Roms war, eine geweihte Priesterin im Tempel des Vaterlands.

Während in Berlin der wackere Prof. Gubitz eine außerordentliche Kunstausstellung, wozu jeder aus seiner größern oder kleinern Kunsthabe gern beitrug, bloß zum Besten der Vaterlandsvertheidiger mit dem angenehmsten Erfolge veranstaltete, eröffnete sich an dem Tage, wo Sachsens und Europa’s schützender Genius, Alexander, einst den Thron zur Beglückung der europäischen Menschheit bestieg, in Dresden die auch sonst in dieser Jahrszeit gewöhnliche Kunstausstellung. Sechs Säle nebst einigen kleinen Zimmern füllten sich zur Beschämung aller Zweifler, welche der unholden

  1. Dahin rechnen wir mit Recht die russisch-preußischen, nach der Farbe der Cocarden aus Gold und Silber zusammengesetzten Unionszeichen, die Busentuchnadeln, welche der wackere Hof-Medailleur Loos in Berlin verfertigen ließ. Sie sind nur gegen ein patriotisches Opfer von wenigstens 10 Thalern, welche zum Besten der preußischen verwundeten Krieger verwendet werden, zu erhalten. Nach einer in der Spenerschen Zeitung gegebenen Berechnung waren dafür, bis zum Februar 1814, 3235 Thlr. eingegangen. Dahin gehört auch unstreitig das grüne Kreuz in Email, welches der Centralausschuß der sächsischen Landwehrbewaffnung thätig mitwirkenden patriotischen Frauen im Frauenvereine als Ehrenzeichen zu tragen ertheilte.
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Unbekannt: Patriotische Kunstwerke auf der Dresdner Kunstausstellung 1814. Königl. Sächs. Privil. Adreß-Comptoir, Dresden 1814, Seite 430. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beitr%C3%A4ge_zur_Belehrung_und_Unterhaltung_1814_Seite_430-438.djvu/1&oldid=- (Version vom 15.9.2024)