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gothische Missale hat ihre Messe. Wie kann man es wagen, sich auf das Stillschweigen der Schriftsteller zu berufen, um eine historische Thatsache, die so beglaubigt ist, zu läugnen? Und wenn kein Schriftsteller von den Thebäern redete, das Kloster Agaunum, welches schon 515 vom Könige Sigismund erneuert wurde und sich immer als Hüter ihrer Reliquien betrachtete, wäre schon allein eine genügende Auctorität, zumal da sein Zeugniß von so vielen der ältesten Kirchen in allen Theilen Europa’s gestützt wird, die entweder auf den Namen thebäischer Martyrer geweiht sind oder ihre Reliquien verehren und ihr Fest feiern.

II. Ist somit das Martyrium von Agaunum als unumstößliche Thatsache gesichert, so ist damit eine feste Grundlage gewonnen, auf die sich ein erster Beweis für den Martyrtod des hl. Victor zu Xanten stützen kann. Er ist indirect und läßt sich in folgender Weise zusammenfassen: An das Martyrium der thebäischen Legion zu Agaunum schließt sich die Erzählung von Martyrien einzelner Abtheilungen der Legion in der Weise an, daß die von Solothurn, Trier, Bonn und Köln eng mit Xanten verknüpft sind. – Nun sind aber die vier Martyrien von Agaunum, Solothurn, Trier und Köln sicher beglaubigt. Also verdienen die Localtraditionen über das Martyrium von Xanten allen Glauben und dasselbe ist festzuhalten, so lange es nicht durch klare Gründe positiv als unglaublich erwiesen wird. – Schon der hl. Eucherius verbindet das Martyrthum der hhl. Victor und Ursus, die in Solothurn starben, mit dem der Niedermetzlung der Legion in Agaunum. Gregor von Tours bezeugt, daß der hl. Gereon und seine Genossen, die in Köln verehrt wurden, „aus jener bekannten heiligen thebäischen Legion seien, die für den Namen Jesu gemartert wurde“. Alle alten Martyrologien legen die drei Martyrien von Bonn, Köln und Xanten auf den 8.-10. October und betonen mehr oder weniger deutlich ihre Zusammengehörigkeit. Später wurden alle drei von der Kölner Kirche auf den 10. October vereint. Der Cistercienser Helinand bezeugt um 1200[1]:

„Im heiligen Köln ist die Sitte alt geworden, die hhl. Martyrer Gereon (von Köln), Victor (von Xanten) und Cassius mit Florentius (von Bonn) sammt ihren Genossen, die durch ein dreifaches Martyrium gekrönt sind und die an drei Orten in würdiger Weise begraben wurden, an einem Tage zu


  1. Acta Sanctor. Sept. VI. p. 343; vgl. 902, gibt den Text des Eucherius. Die Stelle des Gregor. Turon. Miraculor. lib. I. c. 62 bei Migne 71. p. 761. Der Wortlaut der Martyrologien in Acta Sanctor. Octob. V. p. 18, die Worte des Helinand Acta Sanctor. l. c. p. 40.
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Stephan Beissel: Das Martyrthum des hl. Victor und seiner Genossen. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_Das_Martyrthum_des_hl._Victor_und_seiner_Genossen.djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)