Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Bautzener Sagen

7. Das Hundeführen bis Bautzen.

Zur Verhöhnung des Ungarnfürsten sandte Kaiser Heinrich I. zwei räudige Hunde nebst Fehdebrief an diesen nach Bautzen. Dieser schickte die Boten, denen er Nasen und Ohren abschneiden ließ, auf diese Art verstümmelt zurück. Daher stammt das Sprichwort: „Es bekommt ihm, wie das Hundeführen nach Bautzen.“

8. Die Lauengasse zu Budissin.

An der Stelle der Lauenstraße war in grauer Vorzeit eine große Wildnis. Bäume von 3 Klaftern Umfang standen darin und wilde Tiere belebten sie, auch Löwen hausten dort. Da man nun diese Tiere auch Leuen nannte, erhielt die Gasse danach den Namen Leuengasse, woraus später Lauengasse wurde.

9. Die Michaeliskirche zu Budissin.

Im Jahre 1430, als Hans Schwerdtfeger Bürgermeister in Budissin war, zogen die Hussiten vor die Stadt und verwüsteten ringsherum das Landgebiet.[WS 1] Da bat der Landvogt Hans von Polenz den Herzog von Meißen um Hilfe. Dieser sandte 12000 geharnischte Ritter. Fünf Tage lang lagen diese gemeinsam mit den Budissinern und dem Troß des Landvogtes vor der Stadt den Hussiten gegenüber, die keinen Angriff wagten. Da zogen in nächtlicher Stille die Meißner heimlich ab, worauf die Hussiten zum Angriff vorgingen und die unbeschützte Stadt bestürmten. Wo jetzt die Michaeliskirche steht, war der Angriff am stärksten. Aber die Bürger wehrten sich tapfer. Man sagt, daß sogar Weiber und Kinder am Kampfe teilgenommen haben, indem sie siedendes Pech oder heißes Wasser auf die Stürmenden gossen. Den heiligen Erzengel Michael mit seinem Schwerte will man leibhaftig unter den Kämpfenden gesehen haben. Hier flößte sein Erscheinen Mut, dort Schrecken ein. Als nach dreitägigem Sturm ein Pfeil den Anführer Molesko tötete, zogen die Hussiten ab. Zu Ehren des Erzengels Michael baute man die Michaeliskirche. (Anmerkung: Ein diese Episode behandelndes großes Gemälde vom Historienmaler Georg Schwenk aus Dresden befindet sich im Bürgersaale des Gewandhauses. Siehe „Gewandhaus“.)

10. Der Kopf des Verräters an der Nikolaipforte zu Budissin.

Der Stadtschreiber Peter Prischwitz suchte im Jahre 1429 durch Verrat den Hussiten, die Bautzen belagerten, die Stadt zu überliefern.[WS 2] Er schoß mit Schriftstücken umwickelte Pfeile in das Lager der

Feinde, worauf er versprach, die Pulvervorräte der Stadt durch Wasser unbrauchbar zu machen, die Kesselgasse anzuzünden und zu einer bestimmten Zeit die Tore zu öffnen. Dafür sollte er einen Judas-Lohn von hundert Schock Groschen und zehn Schock Ruhegehalt bekommen. Der Stadthauptmann von Colditz entdeckte aber noch alles rechtzeitig, sodaß der Verräter am 6. Dezember 1429 seine gerechte Strafe erhielt. Er wurde auf einer Kuhhaut zum Richtplatz geschleift, wo ihn der Leib aufgeschnitten und sein Körper darauf in vier Teile

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Stadt Bautzen wurde in den Jahren 1429 und 1431 zweimal erfolglos durch die Hussiten belagert. Siehe hierzu die Belagerung von Bautzen.
  2. Die Stadt Bautzen wurde u.a. im Jahr 1429 erfolglos durch die Hussiten belagert. Siehe hierzu die Belagerung von Bautzen.
Empfohlene Zitierweise:
Bautzener Sagen. Verlag Johannes Vieweg, Leipzig 1924, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bautzener_Sagen.pdf/5&oldid=- (Version vom 10.1.2023)