Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Bautzener Sagen

1. Die Erbauung von Budissin.

a) Da wo einst das Kloster der Barfüßer stand, war der Anfang der Stadt Budissin. Dort standen vor uralten Zeiten zwei Kretschame zur Einkehr für die Reisenden und Kaufleute, welche von Polen nach Sachsen kamen. Später entstanden in der Nähe dieser Kretschame mehrere Häuser oder Bauden, woraus dann später die Stadt entstand, daher soll „Budissin“ soviel als Budenstadt heißen.

b) Der mährische Fürst Budesin oder Budeslaw, ein Freund des böhmischen Herzogs Hortiwitz, soll um das Jahr 880 die Stadt Budissin gegründet und beherrscht haben. Im Jahre 927 wurde er wegen eines Aufstandes von dem Böhmer-Herzog Spitignew abgesetzt und das Land wieder zum Herzogtume Böhmen geschlagen. Budeslaw soll auch die Hauptkirche zu St. Peter angelegt haben.

c) Anno 958 hat Burggraf Wetzlaw, der Erbauer der Ortenburg (921), die Stadt Budissin gegründet. Als in dieser Zeit seine Gemahlin in einem nahen Dorfe entbunden wurde, soll er die ihm zugesandten Böhmen bei Überbringung der freudigen Nachricht hastig auf böhmisch gefragt haben: „Budeli sen?“ d. h. „Ist’s ein Sohn?“ Da es ein Sohn war, nannte er den Ort „Budlissen“, woraus später „Budissin“ geworden ist.

2. Die Erbauung der Ortenburg.

a) Schon die ältesten Herzöge von Sachsen und Westfalen schrieben sich Herren von Budissin (Budsecie). Wittekind ist daselbst geboren und Karl der Große hat ihm die Stadt erblich verliehen, nachdem er sich zum christlichen Glauben bekehrt hatte. 300 Jahre blieb Budissin im Besitze der Familie Wittekind.

b) Als die Deutschen und Wenden die Lausitz gemeinschaftlich bewohnten, stand schon eine alte Burg auf dem Proitschenberge. Einem Beschluß der Anführer, auf dem gegenüberliegenden Hügel eine neue Burg zu bauen, stimmten die Deutschen mit den Worten zu: „Hier Ort der Burg“, die Wenden aber riefen: „Preicz tam, buda szem“, das heißt: „Fort von hier, das sei der Ort.“ Da begann man die alte Feste abzubrechen, aber der Berg, worauf sie stand, behielt den Namen Preicz. Später wurde daraus das Wort Proitschenberg. Gegenüber aber erhob sich in kurzer Zeit ein neues Kastell, das man nach dem Ausrufe der Deutschen die Ortenburg nannte. Dabei aber entstand die Stadt, deren erste Anfänge die Kretschame, die schon seit dem Jahre 650 dastanden, waren und wurde auf Wendisch so geheißen, wie auf Deutsch die Burg, nämlich Budaszem. Dies geschah unter der Regierung Karls des Großen.

c) Da Graf Radbod ein tapferer Held war, wurde er vom König Ludwig von Bayern zum Markgrafen von Österreich und der Lausitz ernannt. Er vertrieb aus letzterer die Fürsten der Wenden und führte die christliche Religion wieder ein. Das von ihm erbaute Schloß Buditz ist später wieder von den Wenden zerstört worden. Es stand da, wo sich heute noch die Ortenburg befindet.

Empfohlene Zitierweise:
Bautzener Sagen. Verlag Johannes Vieweg, Leipzig 1924, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bautzener_Sagen.pdf/3&oldid=- (Version vom 10.1.2023)