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28. Der Futterschneider und seine unheimlichen Gäste.

Ein Futterschneider aus Budissin kehrte am 13. September 1556 von der Doberschützer Kirmeß, auf der er weidlich gezecht hatte, mit einigen beherzten Brüdern zurück. Ihr Weg führte am Hochgerichte vorüber, wo sie vier dort im Winde baumelnde Verbrecher verspotteten. Der Futterschneider bot ihnen einen guten Abend, frug nach ihrem Befinden und lud sie ein, mit ihm nach Hause zu gehen, er habe noch einen kalten Braten, den sie ihm verzehren helfen sollten. Als er nach Hause kam, saßen auch wirklich alle vier mit ihren Ketten am Halse in seinem Stübchen und forderten die versprochene Mahlzeit. Da sie merkten, daß sie der Schneider nur zum Narren gehabt, banden sie ihm Hände und Füße mit dem Garne eines im Zimmer stehenden Webstuhles. Dann hingen sie ihn mit dem Kopfe nach unten über den Tisch. Nach Befreiung aus dieser Lage gelobte er sich, nie wieder einen Galgenvogel zu Tisch zu laden.

29. Zu Budissin hängt man die Diebe zweimal.

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts hielt sich hier ein polnischer Student auf, welcher wegen seiner Streiche der tolle Bartholomäus genannt wurde. Als sein Schuster auf Bezahlung seiner Schulden drang, wollte er denselben mit dürrem Leder bezahlen, worauf der Schuhmacher auch einging. Um nun diesen zu überlisten, holte er sich zwei Körper von Verbrechern, die schon drei Jahre am Galgen hingen, herab und lehnte den einen nächtlicherweile seinem Gläubiger vor die Haustür, den anderen schob er einem dort wohnenden Drahtzieher zum Fenster hinein, da ihn dessen Tochter einst zum Narren gehabt. Diese Tat wurde angezeigt und der Student samt seinen Büchern in ein Faß gespundet und über die Grenze gebracht. Die beiden Körper wurden noch einmal in aller Form gehängt und der Scharfrichter bekam dafür den üblichen Lohn zum zweiten Male. Daher stammt das oben angeführte Sprichwort.

30. Wie die Budissiner den Papst verbrennen.

Am Abende Petri Stuhlfeier wurde in Budissin ein allgemeines Fest gefeiert, wobei der Winter als Strohpuppe mit Lappen, Bändern, Kränzen und einer Flachsperücke, abenteuerlich aufgeputzt, auf einer Stange durch die Straßen getragen und auf dem Protschenberge verbrannt wurde. Auf dem Markte wurden Freudenfeuer angebrannt, der Rector scholae durchzog mit seinen Schülern unter dem Gesange des Responsorium: „Petre amas me?“ die Gassen, gefolgt von dem Stadtrichter, dem Baumeister und den Stadtdienern. Die Bürger stellten Lichter in die Fenster und gaben den Schülern Bier zu trinken. Sobald dann der Zug von der Wendischen Gasse durch das Fuchsgässel in die Reichengasse eingegangen, hat der Rektor aus dem Responsorium: „Simon“ das ganze Gäßchen langsam gedehnt und am Ende des Gässels die Worte: „Johanne diliges me?“ angehoben. Wenn sie auf dem Markt zum Feuer gekommen, hat der Schulmeister figuriert und gesungen: „jam ver oritur“ (jetzt kommt der

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: Bautzener Sagen. Verlag Johannes Vieweg, Leipzig 1924, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bautzener_Sagen.pdf/13&oldid=- (Version vom 2.10.2023)