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Höchsten, und man mußte jetzt froh seyn, sie noch auf eine gute Art los zu werden. Zum Beweis folgende Thatsache: Ein französischer Infanterist stürzte in seiner Schwäche in unsere Hausflur herein. Tschako, Gewehr und dergleichen flogen weit hinweg, und ohnmächtig blieb er liegen. Wir erbarmten uns seiner und hoben ihn auf, ein gutes Strohlager wurde ihm bereitet, und dreymal des Tages speißte, mit den kräftigsten Brühen, diesen Elenden meine mitleidige Gattin. Beynahe mit jedem Empfang der Speise ließ ich ihn ermahnen, ins Hospital zu gehen, denn hier könne er ohnmöglich bleiben; aber der arme Mensch gab mit Stöhnen und gebrochnen Worten zu verstehen, dieß wäre unmöglich, und es würde bald mit ihm aus seyn. Eines Tages ward er, im Gedränge der überhäuften Bewirthungsgeschäfte, vergessen; schwach, kaum sich aufrechthaltend, kam er in die Küche getreten und mahnte um die nicht mit Willen ihm versagte Speise. Diese wurde ihm in sein Behältniß vorausgetragen, und mit raschen Schritten folgte er der dampfenden Schüssel. Aha! dachte ich, bist du so ein Mensch? und sogleich kündigte ich ihm, nach achttägiger Verpflegung, an, daß ihm nichts könnte mehr gereicht werden, und daß er noch in dieser Stunde das Haus verlassen müsse. Bald darauf kam er in unsern Winkel getreten – kein Zimmer war für uns leer, so voll war das Haus von Truppen, – und

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Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/107&oldid=- (Version vom 11.9.2022)