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das Ganze durchgekocht, worauf es getrocknet und in der Mühle zu Puhtelmehl, das man in Talsen auch auf dem Markte zu kaufen bekommt, zermahlen wird. Ein paar Handvoll davon werden mit gegorener Milch vermengt, die neue Mischung gehörig durchgeklopft und einige Stof Puhteln sind fertig. Uns Livländern schmeckte die Speise nicht; man muß sich eben daran gewöhnen. Während das Wort „Pnhteln“[1] lettischen Ursprungs zu sein scheint (vgl. auch den im 13. Jahrhundert vorkommenden Namen einer Landschaft in Semgallen „Puhtelene“), klingen einige andere Gesindenamen in nächster Nähe von Feldhof ganz unlettisch, z. B. Uhkjens, Jlles, Teruksch, Turku muischa (Althof; muischa ist das russische мыза, das estnische mõis). Ortsnamen sind oft sehr alt, älter als das Volk, welches zurzeit eine Gegend bewohnt. Vor vielen Jahrhunderten soll ja die Gegend bei Talsen eine livischkurische Kilegonde (Bezirk) gewesen sein, was den unlettischen Charakter der angeführten Namen begreiflich machen würde. (Doch weisen wir hier auf die unter den Gelehrten gleichfalls verbreitete Ansicht hin, daß die Letten als Ureinwohner von Kurland anzusehen seien, die finnischen Liven dagegen sich als Eroberer später im Lande niedergelassen hätten.)

Auch bei einem Spaziergange nach dem 5 Werst von Talsen gelegenen Postenden war Herr R. mein freundlicher Führer. Nach dem Album kurl. Ansichten wird schon 1288 das Felddorf Podestenden in einer Urkunde erwähnt. Seit 1476 gehörte das Gut der Familie von Hahn. Gleich hinter dem Juschkn-Purwis befand sich der Begräbnisplatz der Majoratsfamilie. Einer ihrer Vorfahren hat gegen Ende des

  1. Ein Puhtelgesinde gibt es auch bei Treiden in Livland, das bei den „Kaimabergen“, den Grabhügeln der alten Liven, liegt, wo viele bemerkenswerte Gegenstände aus der Livenzeit ausgegraben worden sind. Daß dort bei Treiden die Puhteln jetzt gegessen werden, haben wir nicht gehört.
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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/30&oldid=- (Version vom 12.12.2020)