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mit den tiefen, dem Flußtale zustrebenden Seitentälern einen großartigen Anblick. Hierauf beruht hauptsächlich der landschaftliche Reiz des Abautales auf der ungefähr 35 Werst weiten Strecke zwischen Kandau und Rönnen. Das Städtchen selbst ist zu beiden Seiten eines solchen tiefen Seitentales belegen, in das die Straße von der Brücke hineinläuft, um in demselben nach rechts und links bergan zu führen. Dort wo sie nach Kandau hineingeht, erhebt sich rechts oben der Schloßberg, auf dem sich die letzten Reste eines Ordensschlosses erhalten haben. Das Städtchen ist klein. Wir hatten es bald durchquert und fuhren dann oben rechts zum nahen Gute Amt-Kandau, wo wir bei Herrn B., einem Verwandten unseres Reisegefährten D., Aufnahme fanden.


Kandau.

21. Juni. Am Vormittage regnete es. Als das Wetter sich aufklärte, weilte man im Garten beim Herrenhause, wo die Jasminbüsche stark dufteten. Darauf wurde ein Abstecher nach Kandau unternommen. Das Amtkandausche Gebiet erstreckte sich fast bis zu den Häusern des Städtchens. Das Getreide stand gut. Sehr viel schien die Kartoffel gebaut zu werden. Im Städtchen, richtiger „Flecken“, fiel uns zuerst die Synagoge ins Auge. Es gab hier viele Juden: beinahe jedes dritte Gesicht, das wir sahen, war ein jüdisches. Auffallend war in dem kleinen Städtchen mit seinen wenigen Straßen die große Menge der Getränkehandlungen. Zu den besten Häusern zählte das Postgebäude. Im Schulhause fand sich die Gemeindeschule mit der Gemeindeverwaltung unter einem Dache vereinigt. Am Marktplatze ragte ein hölzerner Turm empor, der von dem Dasein einer Feuerwehr Zeugnis ablegte. Bei diesem Platze befanden sich auf dem Kirchhofsberge schattige Anlagen, durch die man zur lutherischen


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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/14&oldid=- (Version vom 9.3.2019)