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Mag mich der Kaiser schelten! Er schilt im sichern Haus,

Bei Sanct Georg! Gemächlich spricht er die Acht hier aus.
Drum, wenn’s behagt dem Kaiser, in Wien so zu geruh’n,
Bringt’s auch der Pfalz nicht Schande, nach gleichem Sinn zu thun!

Schafft mir kunstfert’ge Meister von allen Enden her!

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Manch Werk hab’ ich vollendet, das stürzt so leicht nicht mehr!

Die Lust am Bauen hab ich von meinem Stamm geerbt,
Doch sehn’ ich mich nach Ruhe, von Narben tief gekerbt.

Langweil’ger alter Kaiser! nicht acht’ ich deiner Acht!
Mir hat mehr Lorbeerreißer, als dir, die Zeit gebracht!

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Drum will ich keck es wagen und bau mir einen Thurm,

Dran sich umsonst zerschlagen die Flügel mag dein Sturm!“ –

So kam’s zu langem Kampfe und Mancher nach der Schlacht
Schlief nach dem langen Tage die längste düstre Nacht.
Weit scholl im teutschen Lande des starken Friedrichs Lob;

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Der Kaiser, gleiches Namens, kein Wort davon erhob.

 
Die Acht ward weit verkündet seit jenem Tag im Maj,
So oft man sprach das Wörtlein, der Pfälzer lacht dabei;
Wie sollt’ er auch sie scheuen? Kein Mann im ganzen Land
Hätt’ zu der Acht Vollstreckung geliehen seine Hand.

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Nach wenig Wochen aber stand auch der Thurm erbaut,

Der von dem hohen Berge ins Land herniederschaut.
„Wie tauf’ ich doch mein Thürmlein?“ – Der Kurfürst fragt und lacht, –
„Nichts bleibe ohne Namen was meine Kraft vollbracht!

Nun denn, zu Schutz und Trutze brauch’ ich Gevattern auch,

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Es kommt mir nur zu Nutze der alte gute Brauch;

Mein Schutz ist Schwerteseisen, mein Trutz sey dieser Thurm!
Trutzkaiser soll er heißen und trotzen jedem Sturm![1]

Eduard Duller.

  1. [516] „Er hat selbigen (den Thurm Trutz-Kaiser) der Kurfürst Friederich I. im Jahr 1461 oder 1462 erbaut, als er sich des Erzbischofs und Kurfürsten Diether von Mayntz annahm, ihn wider seine Feinde beschützen half und deßwegen von dem Papst in den Bann, vom Kayser aber in die Acht erklärt, und von verschiedenen Armeen zugleich angegriffen wurde. Um aber zu zeigen, daß er weder nach dem päpstlichen Banne, noch der Kayserlichen Achts-Erklärung etwas fragte, ließ er diese Veste gegen das Ende der Speyerer Vorstadt in der Mitte des Geißbergs aufwerfen und selbige Trutz-Kaiser nennen. Weil aber dieses Schloß oder Schantz in dem dreißigjährigen Krieg sehr verfallen und verdorben worden, ließ Kurfürst Karl Ludwig solches wiederum ausbessern und auf’s Neue befestigen; schaffte den verhaßten und dem Ansehen Kayserlicher Majestät zuwiderlaufenden Namen ab, und ließ es nach der Figur, die sie hatte, den Stern oder Sternschantz nennen; zu dem Ende gab er im J. 1666 im September einen scharfen Befehl heraus, des Inhalts, daß künftighin bei hoher Straf sich Niemand mehr sollte gelüsten lassen, die neue Sternschantz Trutz-Kaiser zu heißen, und sollten diejenigen, so sie einmahl also nennten, um einen Ducat, zum zweitenmahl um zwo, zum Drittenmahl um drey Ducaten, zum viertenmahl aber gar am Leib gestraft werden. Im letzten Französischen Krieg ist sie völlig zerstört und zu einem Steinhaufen gemacht worden, so daß man anjetzo nichts als die bloßen Rudera davon siehet.“
    (S. Kaysers „Histor. Schauplatz.“ Seite 168–69.)
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_515.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)