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Sein Herr, der evangelisch war,
Hielt wenig auf die Fasten,

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Und ließ den Speisecommissar

An keinem Freitag rasten.
Der Hund, der täglich fasten muß,
Geht seinen Weg bescheiden,
Nicht kann er, wie ein Klerikus

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Den Festtag unterscheiden.


Da führt ihn einst sein Mißgeschick
Zu einem Fleischer hin,
Der als ein echter Katholik
Streng hielt die Disciplin;

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Wie Der den Zettel nimmt und liest

Von einer Wurst geschrieben,
Ihn das Gelüste baß verdrießt,
Hätt’ es ihm gern vertrieben.

Im frommen Eifer hat er gleich

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Das arme Thier gepackt,

Ihm auf dem Block mit Einem Streich
Das Schwänzlein abgehackt;
Das legt’ er in den Korb dem Hund:
„Da hast du Fleisch, nun trolle,

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Und deinem Herren mache kund,

Daß ich’s ihm schenken wolle!“

Das Hündchen, bis zum Tode wund,
Lief doch, der Pflicht gedenk,
Und trug dem Herrn sogleich zur Stund’

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Sein Schwänzlein zum Geschenk;

Legt’ ihm den Korb noch vor den Fuß
Und streckte sich daneben;
Das war sein letzter, stummer Gruß,
Dann haucht’ es aus sein Leben. –

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Hier steht das Bild des armen Wichts;

Den Lohn erwarb er doch,

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_412.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)