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in Teutschland angezündet hatte, und der Ort der Schule und Bildung Melanchton’s von Bretten, des gelehrten und sanften Freundes Luther’s, des Lehrers Teutschlands, der auch von den Katholischen hochgeachtet wird. Dort floh auch Alles, besonders als man hörte, wie in Schwaben und im Würtembergischen es manchen Städten gegangen war; wie dort die Kroaten und Panduren und Spanier gehaust, Alles geplündert, gebrannt und alle Greuel verübt hatten, auch in solchen Orten, die sich mit Accord übergeben. Da dachte auch Markgraf Ernst Friedrichs wohlbestallter Amtskeller zu Pforzheim, Herr Maler, sich mit einigen wichtigen Schriften seines Fürsten auf die Rheinseite zu retten. Seine alte Mutter aber frug er, ob sie nicht bleiben und das Haus bewahren wolle, so viel möglich; vor ihrem Alter, hoffte er, würden auch die rohen Soldaten Ehrfurcht haben. Sie aber erschrack ob dieser Zumuthung und flehte ihren Sohn dringend an, ihr hülflos Alter nicht der blinden Wuth erbitterter Feinde ihres Glaubens preis zu geben. Nun suchte der Amtskeller Pferde herbeizuschaffen, aber in der ganzen Stadt und Gegend war kein Zugvieh aufzutreiben. Da lud er seine wichtigsten Schriften auf ein kleines Wägelein, auf dem man auch sonst schon in der Stadt Akten und andere Sachen hin und her gefahren hatte, setzte seine alte Mutter auch darauf, und er und seine Geschwister spannten sich davor und zogen die gute Mutter fort an den Rhein, wo sie ein Schiff fanden, und drüben weiter zogen bis nach Landau. Wo sie durchkamen und noch Einwohner antrafen, betrachtete man den frommen Zug mit Bewunderung und Rührung, und so nahm man ihn auch in Landau auf; wer es sah, wer es hörte, Katholische wie Evangelische, prieß als vom Himmel gesegnet solche Kinder, prieß glücklich, wenn sie auch sonst Alles verloren, eine solche Mutter. Ihr Segen, der Segen der geretteten frommen Mutter, ruhte auf diesen edeln Kindern, und ruht auf ihrem noch in unserm Tagen blühenden Geschlecht.

L. H. B.

Diese rührende Sage hat Sach’s in seiner „Geschichte der Markgrafschaft Baden“ (Bd. 4. S. 543) aufbewahrt. Siehe auch J. Bader’s

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_396.jpg&oldid=- (Version vom 9.2.2018)