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Nach einigen zärtlichen Eingangsreden stürzte der Wein- und Liebestrunkene zu ihren Füßen nieder und beschwor sie mit stürmischem Flehen, ihm ihr Herz nicht zu versagen und ihn zum glücklichsten Gatten von der Welt zu erheben.

Nach einigem Sinnen, während dem ihr Auge mit Wohlgefallen auf dem vor ihr knieenden Jüngling ruhte, und ein leiser Rosenschimmer die Lilien ihrer Wangen überwob, schritt sie auf einen alten, groteskverzierten Schrank in der Ecke zu, und holte aus einem geheimen Fache desselben zwei Ringe nebst einem Kranze von Rosmarin, den sie sich in die schwarzen Locken heftete, worauf sie den Ritter mit vielverheißendem Winke ersuchte, ihr zu folgen. Er gehorchte, von süßer Liebeshoffnung getrieben, obwohl nicht ohne ein gewisses Grauen, das ihn beinahe wünschen ließ, er möchte doch jenen Heirathsantrag nicht gewagt haben. In diesem Augenblicke traten mit unhörbaren Schritten zwei ehrwürdige Greise in langen schwarzen Talaren aus einer Tapetenthüre des Saales, nahmen das Paar in die Mitte und geleiteten es nach der Burgkapelle. Dort befanden sich mehrere Grabmäler, auf deren einem ein Bischof im kirchlichen Ornate, aus Erz gegossen, lag. Die seltsame Braut berührte sein Haupt und langsam erhob sich die eherne Gestalt und trat vor den Altar, auf welchem sich die Kerzen von selbst entzündet hatten. Die starren Züge des Bischofs schienen sich zu beleben, seine Augen strahlten wie Sterne durch einen leichten Nebelflor und er sprach mit tiefer hohler Stimme: „Kurt von Stein, sprecht, ob es Euer heiliger Ernst, die gegenwärtige Jungfrau, Bertha von Windeck, zu Euerem ehelichen Gesponß zu nehmen?“

Der Ritter zitterte wie Espenlaub, so mannlich er auch sonst war; das Wort erstarb auf seinen Lippen, und seine Sinne begannen sich zu verwirren. Da erscholl auf einmal das Krähen des Hahnes von einem benachbarten Meierhofe; mit einem bangen Schrei verschwanden Braut, Bischof und Zeugen; eine furchtbare Windsbraut fuhr durch die Kapelle, und die ganze Burg erbebte wie von unterirdischen Stößen. Der Ritter sank ohnmächtig auf eine der Grabmalsplatten nieder und als er wieder zu sich kam, fand er sich im hohen bethauten Grase des Schloßhofes liegen und neben ihm weidend sein treues Roß. Er floh so schnell er konnte die heillosen Räume, und Monde

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_157.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)