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Ob auch die Tafel überquoll,

Der Kinder Jammern taub verhallt.
O Felsenherz der Reichen,
Tyrannisch im Genusse!
Habt ihr für Warnungszeichen

40
Kein Ohr, im Ueberflusse?


Die Strafe schlich auf leiser Zeh’
Zur üpp’gen Frau von Bosenstein;
Nach sieben Monden brach das Weh
Des Fluchs auf sie mit Macht herein.

45
Der Jubel hat am längsten

Ergossen seine Lieder;
Sie kam mit Qual und Aengsten
Mit sieben Knaben nieder.

Doch bald weiß ihr versteckter Sinn

50
Für diese Schande Höllenrath,

Beredet schlau die Dienerin
Zur unheilvollen Frevelthat:
„Auf stillen Pfaden schleiche,
– Wer sieht dir’s angeschrieben? –

55
Hinab zum Dickenteiche,

Ersäuf’ die bösen Sieben!“

Die Zofe steht im Schilf am Teich,
Im Sack die Kindlein kläglich schrei’n;
Sie sprach: „Ich schaff’ euch Ruh’ sogleich!“

60
Anknüpfend einen schweren Stein.

Der See, vom Morgenrothe
Umblutet, rauscht im Becken,
Als ob er zürnend drohte,
Den Rächer stracks zu wecken.

65
„Gut Zeit!“ – Ein Mann im Pilgerkleid

Ihr plötzlich an der Ferse stund:
„Was kreischt in deinem Sack so, Maid?“
„Ei, Herr, sind neugeborne Hund!“
Sie wurde blässer, röther.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_073.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)