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ergriffen das Weiblein, des Flehens der zum Tod erschrockenen Ida nicht achtend, und schleppten es auf die Burg vor den Ritter von Bosenstein. Dieser fuhr sie mit rauhen Worten an, indem er auf das ihm von seiner Tochter überlassene Gold deutete:

„Woher hast du diese Stücke?“

„Aus meiner Heimath.“ – versetzte das Bergweiblein.

„Ihr müßt einen Ueberfluß von solchen Schätzen haben! – Ich gebiete dir, mit längstens bis Morgen um diese Zeit zehn Körbe voll davon zu bringen!“

„Ich bin nicht Eure Leibeigene!“ – gab das Weiblein mit finsterem Blicke zurück – „Glaubt ja nicht, daß ich Euch gehorchen werde!“

„So will ich versuchen, ob Dich eine Nacht in meinem Burgverließe nicht anderen Sinnes werden läßt!“ – zürnte der Ritter.

„Gewiß zum Danke, daß ich Eurem Töchterlein das Gold zum Spielzeuge gebracht habe?“ – kicherte das Weiblein höhnisch und ihre Worte klangen so unheimlich, daß den Burgherrn ein Grauen überlief; allein der Schimmer des Goldes überwältigte schnell jede bessere Regung in ihm und er befahl, die Alte in den Kerker zu werfen, wenn sie nicht augenblicklich verspräche, seinem Gebote Folge zu leisten.

In diesem Augenblicke kam Ida fast athemlos gelaufen und beschwor ihren Vater unter Thränen, doch ja ihrer Freundin zu schonen, die stets so liebreich gegen sie gewesen. Aber der habsüchtige Mann blieb ungerührt, sogar als sich sein Kind ihm zu Füßen warf und flehend seine Kniee umschlang. Das Weiblein aber sagte: „Dieses Mägdlein ist Euer guter Engel, Herr Ritter! Jetzt laßt mich abführen in den Thurm!“

Ida bestand darauf, mit dem Weiblein ins Verließ gesperrt zu werden, allein der harte Vater riß sie heftig von demselben hinweg und die Alte ward in den Thurm geführt.

Diesem Abend folgte eine furchtbare Nacht. Ein entsetzlicher Sturm erhob sich und schien die Burg in Trümmer zusammenstürzen zu wollen. Zwischen dem Rasseln des Donners und dem Geheule der Windsbraut vernahm man allerlei seltsame Stimmen und gellende Hammerschläge. Als es endlich Morgen

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_070.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)