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Die Hörner lustig schmettern,
Die Becher gehn im Kreis;

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Der Saal, geschmückt mit Kränzen,

Fast kaum die wilden Reih’n,
Und tausend Lichter glänzen
Tief in die Nacht hinein.

Der Herr geht durch die Hallen

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Reulos, mit frohem Sinn,

Sein Blick ruht mit Gefallen
Auf seiner Buhlerin.
Er grüßet Jung und Alte;
Wo blieb des Festes Preis,

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Wo blieb der Mann vom Walde,

Der fromme Siedlergreis?

Und horch! da dröhnt die Pforte
In ihren Angeln jach,
Ein Greis tritt ohne Worte

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Ins festliche Gemach.

Er führt an seiner Rechten
Ein Weib, so stumm und bleich,
In milden Sommernächten
Dem stillen Monde gleich.

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Es geht ein seltsam Grauen

Dem Pilgerpaar voran,
Und alle Blicke schauen
Zum hohen Greis hinan.
Doch sieh, man kennt ihn balde!

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Die Mähr’ fliegt durch den Kreis:

„Das ist der Mann vom Walde,
Der fromme Siedlergreis!“

Der reckt sich hoch und höher
Und droht mit finstern Brau’n,

115
Er steht, als wie ein Seher

Der Urwelt anzuschau’n
Sein Blick in tiefster Feier
Durchblitzt die Reihen dicht,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_058.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)