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1830 für 18 Zöglinge nur 3 Gesangbücher und 12 Bibeln in der Anstalt gab und im Jahre 1831 für 30 Zöglinge der 2. Klasse nur 4 Lesebücher vorhanden waren, während der 1. Klasse kein einziges zur Verfügung stand. Das gegenüberliegende Waisenhaus mußte bei Einlieferung von nur 2 Mädchen mit Bettstellen, Strohsäcken und Kleidungsstücken aushelfen. Die Knaben hatten nur einen Tisch und ein Tischgestell, auf welchem ein Stück von einer alten Thür als Tischplatte lag, die Mädchen aßen wegen Raummangels auf den Schulbänken.

Noch in den vierziger Jahren wurde nur von Fall zu Fall gekauft, z. B. 3 Sonntagsschürzen, 2 Wolldecken; für jedes Kind war nur 1 Paar Strümpfe vorhanden, sodaß, wenn dieselben im Winter gewaschen wurden, die Kinder mehrere Tage sich ohne Strümpfe behelfen mußten.

Der Umstand, daß die Kinder mehrere Tage nach ihrer Einlieferung in ihrer, in der Regel von allerlei Ungeziefer behafteten Kleidung verbleiben mußten, war eine Hauptursache des massenhaften Auftretens von Ungeziefer in der Anstalt, über welche Pein von allen Anstaltsleitern fast ein halbes Jahrhundert lebhafte Beschwerde geführt wurde.

Von der Amtsführung Seidels zu der seines Nachfolgers übergehend, sei zuvor erwähnt, daß nach dem am 18. September 1840 erfolgten Tode Seidels vom 21. September bis 2. November 1840 das Inspektorat vom Lehrer Friedrich Gottlob Teichmann interimistisch verwaltet wurde. Unter den 14 Bewerbern um die erledigte Stelle wurde der an der Bürgerschule zu Friedrichstadt angestellte Lehrer Karl Gustav Schubert am 26. Oktober 1840 von der Behörde erwählt und am 14. Dezember 1840 in sein neues Amt eingewiesen. Seiten der Anstellungsbehörde ward die Forderung gestellt, Schubert solle ein eingezogenes Leben führen und über Religiosität, Sittlichkeit, Fleiß und charakteristische Eigentümlichkeiten seiner Zöglinge Konduitenlisten führen, außerdem aber behielt sich die Behörde vor, für den Fall, wenn er den Erwartungen, die man zu ihm als Erzieher verwahrloster Kinder und als Inspektor jetzt hege, künftig nicht vollständig entsprechen sollte, seine Entfernung von diesem Amte zu beschließen und seine anderweite Anstellung als Lehrer bei einer öffentlichen Schule, mit demselben Gehalte, den er gegenwärtig beziehe, bei dem Stadtrate zu vermitteln.

Gleich in den ersten Jahren seiner Amtsführung war es Schubert vergönnt, durch wiederholte namhafte Geldunterstützungen seiten der Königlichen Majestäten und des Kultusministeriums längere Instruktions- und Erholungsreisen auszuführen. Trotz dieser Auszeichnungen scheint sich aber Inspektor Schubert in seinem Amte nicht recht glücklich gefühlt zu haben. Schon Ostern 1842 klagt er über die unerfreulichen Erziehungserfolge an seinen Zöglingen, indem er berichtet: „Außer den Konfirmanden ist nicht ein Zögling zu entlassen, denn die Schlechtigkeiten und Unsittlichkeiten der Kinder, mit welchen dieselben uns das Leben zu einer Qual machen, sind dermalen zu groß.“ Schubert fühlt sich ferner behindert in seinen erziehlichen Maßnahmen und wünscht deshalb von der Anstalt versetzt zu sein. Er bekundet dies nicht nur durch seine Bewerbungen um anderweite Dresdner Direktorate, sondern spricht dies auch unverhohlen in einem Gesuche an seine Dienstbehörde aus, indem er schreibt: „Es wird hinfort einer