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zu fressen geben und sich das Frühstück selbst kochen, denn seine Frau lag noch im Bett und schlief. Da sagte er wieder: „Halt doch die Tasche, daß ich sie ausstäube!“

Und er fing wieder an zu schlagen, einmal auf die Tasche, zweimal auf die Frau, bis es genug war.

Als der Förster am dritten Tage aus dem Walde kam, war die Frau schon aufgestanden, in der Stube und aus dem Hofe war Ordnung und das Frühstück war auch schon fertig. Als die Frau ihren Mann zu Tisch gebeten hatte, sagte sie: „Heute werden wir doch nicht die Tasche ausstäuben?“

„Heute nicht mehr“, antwortete er.

Und so ging es weiter. Die Frau stand am Morgen früh auf, und alles war in Ordnung wenn der Förster aus dem Walde kam. Das Ausstäuben der Jagdtasche vergaßen die beiden zuletzt vollständig.

Als einige Zeit vergangen war, wollte die Mutter gern sehen, wie es ihrer Tochter ginge, und fuhr zu ihr auf Besuch. Wie erstaunte sie, als sie solche Ordnung in der Stube und auf dem Hofe sah, daß ihr das Herz lachte. Sie fragte ihre Tochter: „Wie ist es möglich, daß es bei dir so ordentlich und reinlich ist, da du zu Hause doch niemals arbeiten wolltest? Gewiß hat dein Mann dich sehr geschlagen, ehe er dich das lehrte!“

„Ach nein“, antwortete die Tochter, „von Schlagen ist nicht die Rede, er hat mir niemals etwas getan. Nur zweimal haben wir die Jagdtasche ausgestäubt, aber das war ganz im Anfang. Jetzt kommt das schon nicht mehr vor.“

Die Mutter freute sich sehr, daß ihre Tochter ohne Schläge zu einer so guten Wirtin geworden war, und fuhr nach einigen Tagen befriedigt nach Hause zurück. Der Förster und seine Frau aber kamen, wie die alten Leute erzählen, bis zum Ende ihres Lebens ohne Ausstäuben der Jagdtasche aus.

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Friedrich Lorentz: Aus dem Märchenschatz der Kaschubei. Fuchs & Cie., Danzig 1930, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_M%C3%A4rchenschatz_der_Kaschubei.djvu/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)