an die halbe Wange in die Höhe zog, und ging endlich mit einem tiefen Knix zur Thüre hinaus.
Ich aber setzte mich zu dem gedeckten Tisch, während eine junge hübsche Magd herein trat, um mich bei der Tafel zu bedienen. Ich knüpfte allerlei galanten Diskurs mit ihr an, sie verstand mich aber nicht, sondern sah mich immer ganz kurios von der Seite an, weil mir’s so gut schmeckte, denn das Essen war delikat. Als ich satt war und wieder aufstand, nahm die Magd ein Licht von der Tafel und führte mich in ein anderes Zimmer. Da war ein Sopha, ein kleiner Spiegel und ein prächtiges Bett mit grün-seidenen Vorhängen. Ich frug sie mit Zeichen, ob ich mich da hineinlegen sollte? Sie nickte zwar: „Ja,“ aber das war denn doch nicht möglich, denn sie blieb wie angenagelt bei mir stehen. Endlich holte ich mir noch ein großes Glas Wein aus der Tafelstube herein und rief ihr zu: „felicissima notte!“ denn so viel hatt’ ich schon italienisch gelernt. Aber wie ich das Glas so auf einmal ausstürzte, bricht sie plötzlich in ein verhaltnes Kichern aus, wird über und über roth, geht in die Tafelstube und macht die Thüre hinter sich zu. „Was ist da zu lachen?“ dachte ich ganz verwundert, „ich glaube die Leute in Italien sind alle verrückt.“
Ich hatte nun nur immer Angst vor dem Postillon, daß der gleich wieder zu blasen anfangen würde. Ich horchte am Fenster, aber es war alles stille draußen. Laß ihn blasen! dachte ich, zog mich aus und legte mich in das prächtige Bett. Das war nicht anders,
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)