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Greuel zu regulieren“, so würde auch unsere Darstellung nur der Beweis eines ebenso bösartigen Charakters sein, wie er bei englischen Staatsmännern und Publizisten vorausgesetzt wird. Sind aber die Dinge auch abgesehen davon, welchen Nutzen oder Schaden sie in den Berechnungen der hohen und niedrigen Politik verursachen, zunächst nichts anderes als wahr, so ist doch wohl anzunehmen, daß das Recht der besseren Ueberzeugung auf der Seite derer ist, die die Wahrheit sagen und nicht auf der Seite derer, die die Wahrheit verschweigen.

Wir bitten unsere Leser bei der folgenden Darstellung im Auge zu behalten, daß die armenischen Massacres, denen 100 000 schuldlose Menschen zum Opfer fielen, an einem friedlichen und wehrlosen Volke verübt wurden, denn alles, was von Revolten, revolutionären Anschlägen oder auch nur Provokationen von seiten der Armenier gegen die türkische Regierung oder Bevölkerung in unseren Zeitungen zu lesen war, den einzigen Fall von Zeitun ausgenommen, so weit es das armenische Volk und nicht einige unruhige Köpfe in London, Paris, Athen oder Konstantinopel betrifft, es sei gleich rund herausgesagt, ist von A bis Z erlogen. Wir werden darauf noch zurückkommen. Vor der Hand genügt es, das unbestochene Urteil des Botschafter-Berichtes zum Zeugen aufzurufen. Wem die Thatsachen unbekannt sind, der mag sich durch Zahlen belehren lassen. Oder wie wollte man sonst erklären, daß neben den Hunderten und Tausenden von abgeschlachteten Armeniern in dem Bericht der Botschafter die Toten der Muhammedaner nur mit ganz kleinen Zahlen figurieren? Die letzteren sind noch dazu der offiziellen türkischen Statistik, die gewiß keinen Muhammedaner zu wenig zählen wird, entnommen. Wir brauchen nur diese Zahlen türkischer Herkunft mit den durch unsere Informationen vervollständigten Verlusten der Armenier zu confrontieren und können die weiteren Schlüsse vorläufig dem Nachdenken unserer Leser überlassen.

           Muhamedaner †     Armenier †
Trapezunt      20               800
Erzerum        12               900
Erzingjan       7              1000
Bitlis         39               900
Charput        12               900
Arabkir        60              4000
Sivas         (10)             1400
Aintab         50              1000

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/24&oldid=- (Version vom 19.12.2018)