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junge Armenierin, kaum 12 Jahre alt, die ein Türke, genannt Hassan Effendi, wegschleppte und mit Gewalt heiratete.

Auf dem Lande wurde der Priester Der-Harutiun von der Kirche des Dorfes Antscherti mit unerhörter Grausamkeit ermordet, unter Androhung des Todes wurden die Einwohner von 20 christlichen Dörfern mit samt ihren Priestern gezwungen, den Islam anzunehmen, darunter Saghmega, Maschgerd, Ehnetzik, Bazschen, Dzabelvar, Kuschna, Yaghavir, Aghen, Bank, Gram, Hatzgeni, Dzack, Sindjan u. a. Alle Einwohner dieser Dörfer wurden mit Gewalt beschnitten. Zahllose Notzüchtigungen wurden an den Jungfrauen und Frauen begangen, von denen mehrere in die Harems der türkischen Notabeln des Orts geschleppt wurden.

5. Während der Massacres zu Malatia, welches am 4. November stattfand, wurden die armenischen Kirchen und Schulen angezündet.

VII. Vilajet Diarbekir.

1. Während des Massacres zu Diarbekir am 1. November wurde die Kirche Surp-Serkiß geplündert und ihre Altäre demoliert. Der diensthabende Priester des Tages, Der-Harutium, wurde getötet und seinem Leib die Haut abgezogen. Der Kirchendiener erlitt dasselbe Schicksal. In der Umgebung der Stadt wurde die Kirche Surp-Khatsch des Dorfes Sadi und die Kapelle Surp-Asdvadzadzin des Dorfes Alipunar zuerst geplündert und profaniert, sodann mit samt den Wohngebäuden angezündet. Auch der Priester der Kirche von Alipanar wurde getötet und ihm die Haut abgezogen.

Die Plünderer verwüsteten auch das Kloster Magapayetzootz, dessen Brüderschaft zusammen mit 300 Armeniern infolge des Massacres zu Diarbekir in das Kloster geflüchtet hatten, über die Klinge springen mußten.

Auch das berühmte Kloster Surp-Asdvadzadzin-Partzrahayatz, 12 Stunden von Diarbekir, wurde vollständig ausgeplündert und verwüstet. Die ganze Brüderschaft des Klosters wurde getötet mit Ausnahme des Abtes Der-Hagop, der, nachdem man ihm ein Ohr abgeschnitten, gezwungen wurde, den Islam anzunehmen und sich beschneiden lassen mußte.

In dem Dorf Argheni, wurde die christliche Kirche nach dem Massacre in eine Moschee verwandelt. Der Priester derselben wurde erschlagen.

2. Die Christen von 105 Dörfern in den Distrikten Selivan, Beschenk, Zerigan und Paravan und ein großer Teil der armenischen Bevölkerung der Distrikte Hayne und Ledje wurden zwangsweise zum Islam bekehrt.

3. In Palu, wo die Massacres am 5. und 12. November stattfanden, wurden die 4 Kirchen der Stadt geplündert und in Moscheen verwandelt. Zahllose Schändungen an Frauen und jungen Mädchen wurden begangen. Mehrere armenische Frauen stürzten sich mit ihren noch jungen Töchtern in den Euphrat, um der Entehrung zu entgehen.

In den Dörfern wurden alle, die das Massacre überlebten, gezwungen, den Islam anzunehmen und die Kirchen in Moscheen verwandelt. An die Kirchen des Dorfes Havav wurde Feuer gelegt, nachdem sie geplündert und verwüstet waren. Die armenische Bevölkerung des Dorfes, mit Gewalt zum Islam konvertiert, wurde

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/211&oldid=- (Version vom 31.7.2018)