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den Bergen umkamen. Eine besondere Schandthat wird noch von den Truppen berichtet, die eine flüchtende Karawane von 4000 Armeniern zwischen Zeitun und Marasch umzingelten und 3720 Männer, Frauen und Kinder erschlugen.

In Ursa, Biredjik, Severek und Adiaman sind nach den Feststellungen der Konsuln 5900 Personen zwangsweise zum Islam konvertiert worden. In Biredjik giebt es keine Christen mehr. Die Zahl der Notleidenden, welche von den europäischen Hilfskomitees vor dem Hungertode bewahrt werden müssen, beträgt in diesem Vilajet 47 000. Von den Landdistrikten ist jedoch noch verhältnismäßig wenig bekannt. Der Hergang bei den Massacres ist überall der gleiche, entweder werden die Christen ahnungslos von bewaffneten Banden unter Mitwirkung des Militärs überfallen oder auf die perfideste Weise von den Behörden aller Waffen und jedes Schutzes beraubt und dann wie eine Herde Schafe abgeschlachtet. Die Schritte der Konsuln, welche den Massacres Vorbeugen wollen, scheitern an dem Widerstand der Regierungsbehörden. Die Soldaten, Redifs und Hamidichs nehmen auch nach dem Botschafter-Bericht an den Massacres und Plünderungen den lebhaftesten Anteil und werden von ihren Offizieren bei den Angriffen auf die Christen geführt.

Blutbäder im Vilarjet Adana.

Im Vilajet Adana blieben infolge der Anwesenheit amerikanischer und französischer Kriegsschiffe die Städte Mersina, Tarsus und Adana von Massacres verschont. Zwar waren solche dreimal angesagt, doch wagte der Vali infolge des persönlichen Einschreitens der Kommandeure der Schiffe nicht, die Erlaubnis zum Ausbruch derselben zu erteilen. Dagegen wurden die Landdistrikte von Adana mit 20 geplünderten Dörfern und Gehöften und Pajas mit 16 Dörfern und 1809 zerstörten Häusern und Gehöften um so gründlicher verwüstet. Der Vali machte eine Rundreise durch das Vilajet, und sobald er die Dörfer verlassen, fanden die Plünderungen statt. Gleichwohl versicherte er dem Kommandanten des französischen Kreuzers „Le Linois“, daß im Vilajet nirgends die Ordnung gestört sei. Ueberall wurden die Christen entwaffnet, während die Muhammedaner ihre Waffen behalten durften. Die materiellen Verluste im Distrikt Pajas werden auf 50 000 türk. Pfd. (1 000 000 M.) berechnet. Im Taurus

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Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)