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ja jedes bürgerlichen Berufes überhaupt als Ausbeuter und Blutsauger an dem angeblich allein arbeitenden Handarbeiter hat zu einer ungerechtfertigten Verbitterung und auch zur Überhebung der Arbeiterschaft geführt, die heute folgerichtig ihren Ausdruck findet in der Forderung nach der „Diktatur des Proletariats“ (Kommunistisches Manifest). Die wesentlichste Forderung des Erfurter Programms — die Überführung der Produktionsmittel aus dem Privatbesitz in den Besitz und Betrieb der Gemeinschaft hat sich heute verdichtet in dem Schrei nach „Sozialisierung“.

Daß die Voll-Sozialisierung unseren wirtschaftlichen Untergang, den völligen Staatsbankerott bedeutet, ist jedem ehrlichen Politiker vollkommen klar. Aber man getraut sich nicht dies dem Volke offen und frei einzugestehen.

Nicht Vergesellschaftung sondern Entgesellschaftung müßte jetzt die Losung sein. So versucht man durch phantastische Steuerprojekte die offensichtlichen Fehlschläge jeder Sozialisierung auszugleichen und auf diesem Wege zum zweiten Male die Expropriateure zu expropriieren. Das alles heißt aber nichts anderes, als die gesamte Volkswirtschaft dem restlosen Untergang preiszugeben. Statt einer Erhöhung (von einer Verdoppelung der Produktion, wie sie die ganze sozialistische Literatur für die Zeit nach der Revolution versprach, kann überhaupt keine Rede sein) ist das gerade Gegenteil eingetreten. Das Schlimmste aber wäre, wenn die derzeitige sozialistische Regierung an die Aufnahme großer Auslandsanleihen dächte. Damit wäre nicht nur unser wirtschaftlicher Niedergang besiegelt, wir würden auch noch ganz restlos in die Zinsknechtschaft der Entente uns begeben, von der es kein Zurück mehr gäbe.

Der Grundfehler, der Grundirrtum, auf dem diese ganze irrige Kette von Schlüssen, Forderungen, Versprechen ans Volk aufgebaut ist, ist die ganz falsche Einstellung gegenüber dem Industrie- und Leihkapital. Das kommunistische Manifest, das Erfurter Programm, Marx, Engels, Lasalle, Kautzky, haben den tiefgehenden Unterschied zwischen Industriekapital und Leihkapital nicht erkannt.

In diesem Punkt muß die ganze Sozialdemokratie umlernen, dieser Grundirrtum muß klar erkannt und freimütig ohne Halbheit zugegeben werden. Dann aber muß man auch rücksichtslos die einzig möglichen Schlußfolgerungen ziehen. Diese aber bedeuten radikale Abkehr von dem sinnlosen, weil ganz falschem Wüten gegen die Industrie, gegen die Arbeitgeberschaft; Arbeiter und Arbeitgeber gehören

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Gottfried Feder: An Alle, Alle! 1. Heft. Huber, München 1919, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:An_Alle,_Alle!_Heft_1,_1919.djvu/57&oldid=- (Version vom 6.10.2017)