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daß viele nur von ihren Leihzinsen, das heißt auf Kosten Anderer dauernd gemütlich leben können!

Ich komme zurück: es ist auch gar nicht wahr, daß die Brechung der Zinsherrschaft zur Aufhebung und der Aufzehrung der Vermögen führen würde. Im Gegenteil, die Brechung der Zinsknechtschaft fördert die Vermögensbildung auf Grund der von den ewigen Zinsabgaben befreiten und entlasteten werteschaffenden und gütererzeugenden Arbeit. Die Brechung der Zinsknechtschaft führt, wie wir gesehen haben, zu einer durchgreifenden Verbilligung des ganzen Lebens, sie entlastet uns von dem übermäßigen Steuerdruck, sodaß für jeden arbeitenden Menschen in Zukunft die Möglichkeit, Ersparnisse zu machen, größer sein muß als bisher. — Noch eins! Die güter- und werteschaffende volkswirtschaftliche Arbeit von Industrie, Handel und Gewerbe wird ja durch die Brechung der Zinsknechtschaft in gar keiner Weise gehemmt, sondern im Gegenteil möglichst gefördert.

Was hat den der Arbeiter davon, wenn die Kapitalisten keine Zinsen mehr bekommen?

Diese Frage hätte eigentlich nicht mehr kommen dürfen! Erstens war es ja der stete Kampfruf der Arbeiterschaft, daß die Kapitalisten die Arbeiter ausbeuten würden, zweitens haben wir ja klar und deutlich gesehen, daß gerade der Arbeiter in Gestalt von indirekten Steuern in hervorragendem Maße herangezogen wird zur Bezahlung der Leihzinsen, siehe Seite 27.

Die Familienbande werden geschwächt und zerrissen, wenn man den Kindern kein Vermögen hinterlassen kann.

Ja wie liegt hier der Fall? Ganz allgemein meine ich, daß das Geld mit Familiensinn wenig oder gar nichts zu tun hat, oder hat man gehört, daß die Kinder vermögender Eltern mehr an ihren Eltern hängen als die von armen Eltern, oder lieben reiche Eltern ihre Kinder mehr, als wenig begüterte? Was ist wohl wichtiger für die Kinder, daß ihnen die Eltern eine möglichst gute Erziehung angedeihen lassen und sie was Tüchtiges lernen lassen, sie zu fleißigen und gesunden und mutigen Menschen erziehen, oder daß sie ihnen einen möglichst großen Geldsack hinterlassen? Im besonderen wird zweifellos ein berechtigtes Streben anerkannt werden müssen, auch finanziell die Zukunft der Kinder sicherzustellen. Dieses Streben, also der Sparsinn der Eltern für ihre Kinder, wird durch die Brechung der Zinsknechtschaft in keiner Weise nachteilig berührt, im Gegenteil. Es wird die Möglichkeit von Ersparnissen größer werden, wen

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Gottfried Feder: An Alle, Alle! 1. Heft. Huber, München 1919, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:An_Alle,_Alle!_Heft_1,_1919.djvu/51&oldid=- (Version vom 29.10.2017)