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Diesem Wüten des Bolschewismus, dieser sinnlosen Umwälzung müssen wir einen planvollen neuen Gedanken entgegensetzen, der mit einigender Kraft alle arbeitenden Klassen vereinigt, um den Giftstoff auszutreiben, der die Welt krank gemacht hat.

Dieses Mittel erblicke ich in der Brechung der Zinsknechtschaft des Geldes.

Drei Momente sind es die den Zins des Leihkapitales als die eigentliche, als die wahre Ursache unseres finanziellen Elendes erscheinen läßt.

Erstens, das ungeheuere Mißverhältnis des festverzinslichen Leihkapitales, also des Kapitales, das ohne Hinzukommen schöpferischer Arbeit aus sich selbst heraus wächst und zwar ewig weiter wächst. Dieses Leihkapital hat bei uns in Deutschland bereits eine Höhe erreicht, die wir mit 250 Milliarden nicht zu hoch greifen. In Deutschland haben wir 250 Milliarden Leihkapital. Dieser ungeheueren Summe steht als industrielles Betriebskapital unserer gesamten deutschen Industrie nur eine Summe von 11,8 Milliarden gegenüber. Es kommen noch hinzu die 3,5 Milliarden Kapital der 16 000 industriellen G. m. b. H., so daß wir zusammen nur etwa 15 Milliarden industrielles Gesamtkapital zu verzeichnen haben. 20:1 ist die erste grundlegende Feststellung. – Diese Feststellung besagt, daß alle Maßnahmen, die sich mit Finanzproblemen größter Natur beschäftigen, in Ansehen des Leihkapitales sich 20 mal so wirksam erweisen müssen gegenüber Maßnahmen, die sich gegen das industrielle Großkapital richten.

Zweitens: die Verzinsung der obigen auf 250 Milliarden bezifferten Leihkapitalien beträgt im Großen und Ganzen betrachtet pro Jahr auf ewige Zeiten etwa 12½ Milliarden. Deutschland zahlt [j]ährlich 12,5 Mill. Leihzinsen. Die Gesamtsumme aller im Jahre 1916 ausgeschütteten Dividenden betrug im Jahre 1915 rund 1 Milliarde Mark. In den vorangegangenen Jahrzehnten war diese Zahl im Mittel rund 600 Millionen. Sie dürfte wohl in den beiden letzten Kriegsjahren noch erheblich in die Höhe gegangen sein, wird dagegen im laufenden Jahr einen umso größeren Absturz verzeichnen.

Die durchschnittliche Rentabilität aller deutschen A.-G. war 8,21%; also nur um etwa 31/2% höher als das durchschnittliche Erträgnis der festverzinslichen Anleihewerte.

Ich wiederhole also, rund 12,5 Milliarden wird in Zukunft das deutsche Volk für die diversen ewigen Zinsen des Großleihkapitales zu bezahlen haben, während das Erträgnis aus industriellem Kapital in

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Gottfried Feder: An Alle, Alle! 1. Heft. Huber, München 1919, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:An_Alle,_Alle!_Heft_1,_1919.djvu/16&oldid=- (Version vom 6.10.2017)