Bey einem auf solche Weise erfüllten Raume dauert die allgemeine Ruhe nur einen Augenblick. Die Elemente haben wesentliche Kräfte, einander in Bewegung zu setzen, und sind sich selber eine Quelle des Lebens. Die Materie ist sofort in Bestrebung, sich zu bilden. Die zerstreuten Elemente dichterer Art sammlen, vermittelst der Anziehung, aus einer Sphäre rund um sich alle Materie von minder specifischer Schwere; sie selber aber, zusamt der Materie, die sie mit sich vereinigt haben, sammlen sich in den Puncten, da die Theilchen von noch dichterer Gattung befindlich seyn, diese gleichergestalt zu noch dichteren und so fortan. Indem man also dieser sich bildenden Natur in Gedanken durch den ganzen Raum des Chaos nachgehet, so wird man leichtlich inne: daß alle Folgen dieser Wirkung zuletzt in der Zusammensetzung verschiedener Klumpen bestehen würde, die nach Verrichtung ihrer Bildungen durch die Gleichheit der Anziehung ruhig und auf immer unbewegt seyn würden.
Allein die Natur hat noch andere Kräfte im Vorrath, welche sich vornehmlich äussern, wenn die Materie in feine Theilchen aufgelöset ist, als wodurch selbige einander zurück stossen und durch ihren Streit mit der Anziehung diejenige Bewegung hervor bringen, die gleichsam ein dauerhaftes Leben der Natur ist. Durch diese Zurückstossungskraft, die sich in der Elasticität der Dünste, dem Ausflusse starkriechender Körper und der Ausbreitung aller geistigen Materien offenbaret, und die ein unstreitiges
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/93&oldid=- (Version vom 31.7.2018)