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weit von der obersten Stufe der Wesen abstehet, ist so verwegen, von der Nothwendigkeit seines Daseyns sich mit gleicher Einbildung zu schmeicheln. Die Unendlichkeit der Schöpfung fasset alle Naturen, die ihr überschwenglicher Reichthum hervorbringt, mit gleicher Nothwendigkeit in sich. Von der erhabensten Classe, unter den denkenden Wesen, bis zu dem verachtetesten Insekt, ist ihr kein Glied gleichgültig; und es kan keins fehlen, ohne daß die Schönheit des Ganzen, welche in dem Zusammenhange bestehet, dadurch unterbrochen würde. Indessen wird alles, durch allgemeine Gesetze, bestimmet, welche die Natur, durch die Verbindung ihrer ursprünglich eingepflanzten Kräfte, bewirket. Weil sie in ihrem Verfahren lauter Wohlanständigkeit und Ordnung hervorbringt; so darf keine einzelne Absicht ihre Folgen stören und unterbrechen. Bey ihrer ersten Bildung war die Erzeugung eines Planeten nur eine unendlich kleine Folge ihrer Fruchtbarkeit; und nun wäre es etwas ungereimtes, daß ihre so wohlgegründete Gesetze, den besondern Zwecken dieses Atomus nachgeben solten. Wenn die Beschaffenheit eines Himmelskörpers der Bevölkerung natürliche Hindernisse entgegen setzet: so wird er unbewohnt seyn, obgleich es an und vor sich schöner wäre, daß er Einwohner hätte. Die Trefflichkeit der Schöpfung verlieret dadurch nichts: denn das Unendliche ist unter allen Grössen diejenige, welche, durch Entziehung eines endlichen Theiles, nicht vermindert wird. Es wäre, als wenn man klagen wolte, daß der Raum, zwischen dem

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Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/242&oldid=- (Version vom 31.7.2018)