verlieret. In der That, wenn man erweget, daß der Mittelpunkt der Natur zugleich der Anfang ihrer Bildung aus dem rohen Zeuge, und ihre Grenze mit dem Chaos, ausmacht: wenn man dazu setzet, daß die Vollkommenheit geistiger Wesen, welche wohl eine äusserste Grenze ihres Anfanges hat, wo ihre Fähigkeiten mit der Unvernunft zusammenstossen, aber keine Grenzen der Fortsetzung, über welche sie nicht könte erhoben werden, sondern nach der Seite hin, eine völlige Unendlichkeit vor sich findet; so wird man, wenn ja ein Gesetz statt finden soll, nach welchem der vernünftigen Creaturen Wohnplätze, nach der Ordnung ihrer Beziehung zum gemeinschaftlichen Mittelpunkte, vertheilet seyn, die niedrigste und unvollkommenste Gattung, die gleichsam den Anfang des Geschlechtes der Geisterwelt ausmacht, an demjenigen Orte zu setzen haben, der der Anfang des gesammten Universi zu nennen ist, um zugleich mit diesem in gleicher Fortschreitung alle Unendlichkeit der Zeit und der Räume, mit ins unendliche wachsenden Graden der Vollkommenheit des Denkungsvermögens, zu erfüllen, und sich, gleichsam nach und nach, dem Ziele der höchsten Treflichkeit, nemlich der Gottheit zu näheren, ohne es doch jemals erreichen zu können.
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/207&oldid=- (Version vom 31.7.2018)