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Empfinden entscheidet, wo Ansicht gegen Ansicht steht, wo Gründe versagen. Daß er Schmidts An­ordnung als „vom elendesten Geschmack“ brandmarkte, daß er denjenigen, „der nur ein Weniges von der Baukunst versteht“, über Schmidt und im Grunde auch über die bisherigen Gutachter stellte, konnte die Berechtigung seiner überdies zweckwidrigen Forderung kaum glaubhafter machen.

Der Ratsprotest.

Der Rat antwortete auf den Bericht Exners durch völlige Sistierung des Baues. Große Auf­regung in der Stadt war die Folge und drang auch zu Graf Rex, dem Präsidenten des Geheimen Konsils. Dieser bestellte sich den Stadtschreiber und „erkundigte sich, warum der Rat den Bau sistiert, wie dieses bei Publikum große Apprehension und widrige Vorstellungen mache“. Langbein erklärte, der Senat sei nicht schuld, Exner hätte seine Ausstellungen eingereicht und verlange, die Pfeiler sollten abgetragen werden. Diese Vorschläge müßten einer genauen Untersuchung und Beurteilung ausgesetzt werden. Graf Rex entgegnete, „daß des Herrn Exner Intention keineswegs dahin gehen könnte, das was nach den früher approbierten Rissen gebaut, wieder eingerissen werden sollte, da doch Exners Riß nur den Turm und dessen Verbindung mit der Kirche angehe“. Der Rat solle Bericht mit Gut­achten einreichen.

Graf Rex ist derselbe, der bei der Grundsteinlegung in Vertretung der Staatsregierung ge­sprochen und als Konferenzminister an den Sitzungen teilgenommen hatte, in denen erst unter Friedrich Christian, dann unter Xaver die Approbierung der Schmidtschen Risse erfolgte. Nicht festzustellen ist, ob ihm nur das Interesse an der Förderung des Kirchenbaues Anlaß zum Eingreifen war, ob ein Gegensatz zum Geheimen Kabinett, das jetzt über ihm stand, oder ob etwa auch persönliche Abneigung gegen Exner.

Nach acht Tagen erfolgte die Eingabe des Rates ans Oberkonsistorium, in der er zwar devot, aber doch energisch im Namen der evangelischen Bürgerschaft dagegen protestiert, daß der Bau „dem Oberlandbaumeister sogar in die Hand gegeben“ werde und erklärte, daß er als Patron, „dem sonder Zweifel die Direktion zustehe“, sich Exners Anstalten „nicht fügen wolle“. Es solle bei dem Ausgeführten bleiben, und soweit es das Schiff anbetreffe, bei den approbierten Schmidtschen Rissen. Das bereits fertige Steinwerk solle verwendet werden. Der Turmbau und der übrige Aufbau solle zwar unter Exners Beirat und Obsicht, aber unter des Rates freier Direktion und mit Beibehalt der bürgerlichen Gewerken erfolgen und mit Ersparung aller zur Solidität nicht unmittelbar nötigen Kosten in Dingen, die nur auf die Satisfaktion des Geschmackes ein und des anderen Bauverständigen an­kommen.

Das Konsil verlangte zur weiteren Prüfung eine Verteidigung Schmidts gegen die Vorwürfe Exners, daß die Pfeiler zu schwach seien, ferner Kostenanschläge von beiden. Exner, hierzu vom Rat aufgefordert, lehnte die Anfertigung schroff ab. Sein Projekt differiere vom Schmidtschen nicht so sehr, nur was die Abstellung der Festigkeitsmängel erfordere. Die Risse habe das Kabinett. Von diesem erhielt der Rat jedoch nur die Schmidtschen Pläne, sein drittes Neubauprojekt, zurück, nachdem das Oberkonsistorium die Ausantwortung für gut befunden hatte. Auf die erneute Bitte an Exner, er solle diejenigen Kreuzkirchenrisse, so er gefertigt, an den Rat geben, der sie benötige, erklärte er, er hätte sämtliche Risse ans Kabinett gegeben; was aber die neuen (übers Innere) anbeträfe, hätte er sie der Oberbaukommission noch nicht kommuniziert, bäte daher das Ratskollegium, ihn damit zu ver­schonen. Im Kabinett erfuhr der Rat, daß Exnersche Risse dort nicht abgegeben seien. Acht Tage später übersandte Exner seine früher approbierten, dem Rat aber bisher noch vorenthaltenen Turm- und Fassadenpläne an Bormann. Am nächsten Tag schon gab Schmidt seine Entgegnungsschrift an den Rat ab.

Exner gewann durch Zurückhaltung seiner Pläne und durch die Lügen über den Verbleib der­selben etwa vier Wochen Vorsprung für seine eigene Eingabe an Prinz Xaver. Von seinen früheren Erinnerungen (im Promemoria) sei die hauptsächlichste gewesen, daß die Pfeiler zu schwach seien. Gleiches sei bei der Oberbaukommission gleich anfänglich (im Juli 1766) desideriert worden. Bei

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/95&oldid=- (Version vom 15.4.2024)