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Krubsacius, Zugang hatte, erwirkte er sich aufs neue eine Rangstellung über Exner unter dem Titel eines Hofbaumeisters. Als solcher gehört er zum Oberbauamt wie bisher.

Die Rivalität des überaus ehrgeizigen Exner mochte unserem Krubsacius manchen Kummer bereitet haben. Im Frühjahr 1764, kurz bevor ihm der Lehrstuhl für Architektur an der neubegrün­deten Dresdner Kunstakademie übertragen wurde, bat er um kräftigen Schutz für seinen Rang über dem Landbaumeister bei allen Sessionen und wies auf die angesehene Stellung der Hofbaumeister anderwärts hin[1]. Den französischen architecte du roi, der über alle anderen geehrt werde, wollte er noch gar nicht anführen; aber auf den hannöverschen berief er sich, der sogar über dem Oberland­baumeister stehe, weil er die Gebäude und Gärten des Königs, dieser nur die Bauten des Landes unter sich habe. Krubsacius, ein Grübler und Tüftler, in seinen Arbeiten gründlich und peinlich, aber auch langsam und schwerfällig, konnte es naturgemäß, sobald es sich um eine Aufgabe oder Stellung handelte, die Direktionstalent, Gewandtheit im geschäftlichen Verkehr, raschen Überblick und An­passungsvermögen an neue Verhältnisse forderte, nicht mit jenem aufnehmen, der bei geringeren Kenntnissen größere Weltgewandtheit und höfische Schmiegsamkeit und das Talent, sich immer in das rechte Licht zu setzen, besaß und bei seinen Plänen durch diplomatische Schlauheit und eine Energie unterstützt wurde, die ohne Scheu in der Wahl der Mittel das Erstrebte durchzusetzen wußte. Die Regierung erkannte wohl, daß Krubsacius für eine solche Stellung und Amtstätigkeit nicht die geeignete Persönlichkeit war. Die Ernennung eines neuen Oberlandbaumeisters stand, da Schwarze immer mehr erblindete, bevor. Nur Exner kam in Betracht. Man trennte daher Krubsacius, den dienstältesten Anwärter, völlig vom Oberbauamt, nur sein Gehalt bezog er noch von da. Als Hofbaumeister wurde er fortan dem Hausmarschallamt unterstellt und zur Verpflichtung überwiesen. Von ihm war er zur Fertigung von Rissen und Projekten zu gebrauchen. Noch ehe Krubsacius an die Akademie berufen wurde, veranlaßte man Exner, den man der „Billigkeit wegen nicht umgehen konnte, sich den Titel erster Professor der Akademie gefallen zu lassen“. Gewirkt hat er als solcher nicht. Wohl aber wurde der Rangstreit im Staatskalender endgültig zu seinen Gunsten entschieden. Später (Juni 1776), nach Vollendung des Landhausbaues, wurde Krubsacius noch zum Oberlandbaumeister[2] ernannt, „wegen seiner in der architektonischen Wissenschaft besitzenden vorzüglichen theoretischen und praktischen Kennt­nisse und Erfahrungen“ also honoris causa. Bei der bisherigen Einrichtung des Oberbauamts ver­blieb es. Gleichzeitig wurde ein neuer Hofbaumeister[3] ernannt.

Seine Haupttätigkeit, seinen Ruhm und sein großes Ansehen hat Krubsacius als Akademie­lehrer gefunden. Schon als Kondukteur hatte er Schüler um sich gesammelt. Eigenwillig und K. G. Rothe werden als solche genannt. Seine kunstkritischen Abhandlungen, in denen er auch Grün­dung von Kunstschulen forderte, hatten ihn bekannt gemacht. Nicht irgend welche hervorragenden Werke, sondern seine Gelehrsamkeit, seine Theorien, sein „gebildeter Geschmack“ ließen ihn geeignet erscheinen zur künstlerischen Ausbildung der heranwachsenden Generation. Die erste Abhandlung schrieb er noch als jüngster Kondukteur 1745, die zweite, über die Verzierungen, nach seiner Pariser Reise 1759. Sie sind beide nach Schumanns Analyse[4] durchaus abhängig von den französischen Theore­tikern. Ein Blick von seinen begeisterten Ausführungen über die Antike auf seine Bauten und Pläne[5] bietet eine arge Enttäuschung. Für die antiken Formen waren die Architekten seit Brunellesco ein­getreten, nur hatten sie mehr oder weniger frei mit ihnen geschaltet. Selbst Pöppelmann glaubte den Zwinger ganz römisch zu bauen. Bei Krubsacius ist von antiken Formen herzlich wenig zu finden. Nicht die Antike schlechthin ist sein Ideal, wenn er über Palladio und Vitruv hinaus will. Er strebt nach der „Wiedererkennung des wahren Stils“ und nach „Läuterung des Geschmackes“. Die Alten

schöpften aus der Natur, der Quelle alles Schönen. Die Schönheit ihrer Werke beruht auf der


  1. Hauptstaatsarchiv loc. 2218, Bauamtsakten.
  2. Hauptstaatsarchiv loc. 4634. Reglements. Bestallungen. S. 42.
  3. Hölzer bezog als solcher 1784 nur 160 Taler aus der Oberbauamtskasse, 240 Taler und freie Wohnung als Professor. Hauptstaatsarchiv loc. 2258, Kreuzkirchenakten betreffend, III. S. 82.
  4. Die Aufsätze sind in Schumann, Barock und Rokoko, Dresden 1885, im Auszug wiedergegeben.
  5. Vergl. z. B, Palais Prinz Johann Georg in Gurlitt, Kunstd. Dresdens, Abb. 406.

 

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/78&oldid=- (Version vom 4.4.2024)