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Pläne hören wir, daß Knöffel damit beschäftigt ist, noch einige „Änderungen“ auf Wackerbarths Veranlassung zu zeichnen. Das Ergebnis war ein vollständig neuer Plan, das sogenannte zweite, irrtümlich Bähr selbst zugeschriebene Projekt von 1724. (Vergl. Abbildung S. 49 und Text S. 47.) Bähr fertigte ein Modell desselben, das dann von Wackerbarth selbst und der noch aus Baubeamten zu­sammengesetzten Oberbaukommission mit Recht außerordentlich abfällig kritisiert wurde. Die heftigsten Angriffe seitens des bauenden Rates gegen Wackerbarth hatten dann die Genehmigung des Bährschen Entwurfs zur Folge. Nachdem Knöffel alleiniger Oberlandbaumeister und sein Einfluß und Macht gestiegen war, begannen 1738 erneute Angriffe gegen Bährs Bau, speziell gegen die Kuppel. Die ver­änderte Zusammensetzung der Oberbaukommission gestatteten ihm, Bähr die größten Schwierigkeiten zu bereiten. Erst das unangreifbare Gutachten des Leipziger Landbaumeister Schatz und der Tod Bährs machten seinen Intriguen ein Ende. Beim Bau des Altstädter Rathauses 1741 gelang es ihm dann, mit Hilfe der Oberbaukommission ohne Hindernis eigene Pläne zur Durchführung zu bringen. Der Geist, der durch Knöffel in die Oberbaukommission gekommen war, blieb auch weiterhin herrschend. Das wird u. a. durch die erwähnten Vorgänge beim Gewandhausbau der Stadt 1768 belegt.

Beim Beginn des Kreuzkirchenbaues war Johann Georg, Chevalier de Saxe[1][WS 1], Chef der Oberbaukommission. Oberlandbaumeister war Julius Heinrich Schwarze, ein fähiger Künstler und ein ehrlicher Charakter, der nach Knöffels Tod sofort die Chiaverischen von Knöffel geänderten Pläne wieder herstellte. Aber Schwarze war augenleidend und erblindete immer mehr. Als sein Vertreter und Nachfolger übte der Landbaumeister Exner in der Oberbaukommission entscheidenden Einfluß.

Christian Friedrich Exner ist am 13. Mai 1718 in Lampertswalde bei Oschatz geboren. Nach dem frühen Tode seines Vaters[2], eines hochherrlichen von Thielauischen Bedienten, kam er als Knabe nach Dresden. Hier studierte er unter der Direktion des damaligen Oberlandbaumeister Knöffel und Longuelune dreizehn bis vierzehn Jahre lang die bürgerliche Baukunst. In diesem Zeitraum erlernte er zugleich die lateinische, französische und italienische Sprache, trieb beim Kriegsrat Glaser die Mathematik und lag anderen zur Architektur gehörigen Hilfswissenschaften ob. „Seine hervor­stechenden Talente (so schreibt Kläbe[3] zu Lebzeiten Exners) hatten die Aufmerksamkeit des Hofes auf ihn gelenkt.“ Man verwendete ihn für die Bauten auf dem Lustschloß Zabeltitz, desgleichen zur Be­sorgung von zu veranstaltenden Festivitäten bei Anwesenheit des Kurfürsten. Schon die Verwendung seines Schülers in Zabeltitz wird auf Knöffel zurückgehen, der die Oberaufsicht hatte. 1744 trat Exner als Kondukteur ins Oberbauamt ein, 1746 und 1747 hatte er die großen Illuminationsgebäude und Feuerwerksdekorationen bei Hochzeiten am Hofe unter der Direktion des Oberlandbaumeisters auszuführen, wodurch er sich „Beifall und Ehre erwarb“. Seine Zeichnung wurde von Zucchi in Kupfer gestochen und auf ihr der Kondukteur hochtrabend in „architecte du roi“ verwandelt. Wohl als Anerkennung erhielt er 1749 neunzig Ellen an den Pallisaden der Elbwiesen in Neustadt vom König geschenkt (Hasche, Dipl. Gesch. v. Dr., Beiträge S. 717) und errichtete sich hier (jetzt Wiesentorstraße 10) ein Mietgebäude, das er bis zu seinem Tode 1799 bewohnt hat. Zum Verständnis von Exners Persönlichkeit und seinem Verhalten beim Kreuzkirchenbau ist es wesentlich, daß er direkt unter Knöffel aufwuchs. Nach dessen Tode wurde er Landbaumeister in Dresden, 1764 Titularprofessor der Akademie, 1766 Oberlandbaumeister mit einem Gehalt von 1600 Talern. Als solcher hatte er die Aufsicht und Direktion über das gesamte Hof- und Landbauwesen[4] und alle neu auszuführenden[WS 2] großen Haupt­gebäude. Er hatte dahin zu sehen, daß dabei Wohlstand, Beständigkeit und Bequemlichkeit observiert werde und das herrschaftliche Interesse getreulich zu wahren.

Als Architekt hat Exner der Nachwelt nichts von Bedeutung übermittelt. Unter seinen Werken sind die „vorzüglichsten“ (Kläbe): der Ostflügel des Taschenberg-Palais, im wesentlichen eine Kopie des

westlichen von Schwarze, unter dem der Plan dazu bereits gefertigt sein wird, dann die Schloßkirche


  1. F. A. Freiherr O'Byrn, Johann Georg, Chevalier de Saxe, Kursächsischer Generalfeldmarschall.
  2. Nach den Einträgen im Kirchenbuch von Lampertswalde.
  3. Keller und Kläbe schreiben zu Lebzeiten Exners und auf Grund persönlicher Mitteilungen.
  4. Hauptstaatsarchiv loc. 2215, Bauamtsakten Bl. 146, Bestallungsurkunde Exners.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in zugehöriger Referenz: J. A. Freiherr O'Byrn,...
  2. Vorlage: aufzusührenden
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/76&oldid=- (Version vom 4.4.2024)