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Neben der Baudirektion Schmidts stand die Kircheninspektion, ausgeübt durch den Bürger­meister Christoph Bormann als Verwalter des geistlichen Brückenamtes und Vertreter des bauenden Rates. Dieser gab ihm sehr bald das Lob, er habe sich sothaner Funktion mit aller Applikation und Treue unterzogen. Bereits seit 1735 gehörte Bormann dem Stadtrat an und hatte als solcher die letzte Periode des Frauenkirchenbaues noch mit durchlebt. Nach einer Notiz Hasches (D. G. Dr. IV S. 220) zu schließen, war er der letzte, der in Dresden noch die große Allongeperücke der Barockzeit trug. Bei Beginn des Baues war er schon ein hoher Sechziger. Doch hat er volle 21 Jahre die große Arbeitslast der Bauverwaltung getragen. Nicht nur die Beschaffung und Durchführung der Baupläne, die Verhandlungen mit Baumeistern, Gewerken und den Behörden, die Bestellung der Materialien und die Auszahlung der Arbeitslöhne fiel ihm zu, sondern auch die gesamte Rechnungs­legung hat er erledigt. Ein Bauschreiber (bis 1770 Palitzsch) und ein Hilfsschreiber arbeiteten in seiner Expedition zu Hause, wo sich auch die Kasse befand.

Auf seinen Wunsch nach Unterstützung durch ein weiteres Ratsmitglied bekam der Senator Samuel Gottlieb Büttner am 5. Juli 1764 die Mitaufsicht unter Direktion Bormanns. Eine nennens­werte Beihilfe scheint indes Büttner nicht geleistet zu haben. Sein Name tritt uns in den Bauakten nie wieder entgegen. Auch hören wir nach seinem Tode 1769 nichts von Ernennung eines Nachfolgers. Ursprünglich war er Advokat, dann Accisaktuar gewesen, bis ihn der Rat 1740 auf kurfürstlichen Befehl als Mitglied aufnehmen mußte.

Die Baudirektion und die Kircheninspektion sind die beiden Verwaltungskörper, mit deren Hilfe der Rat den Kirchenbau durchführte.

Das Verhältnis des bauenden Rates zum Superintendenten der Kirche und zum Ober­konsistorium ist hier noch kurz zu streifen. Dem Rat fiel der Bau nicht eo ipso zu, auch nicht als dem Patron, sondern als dem Verwalter des Kirchvermögens. Nach der Einrichtung selbständiger Kirchenvorstände im Jahre 1868 ging mit der Verwaltung der Kirchenkasse auch die Bauverwaltung vom Rat an den Kirchenvorstand und Superintendenten über. Beim Baubeginn bis 1777 war Am Ende[1] Superintendent, ein friedliebender und sanfter Mann von großer Frömmigkeit und Rechtschaffenheit. Kraft seines Amtes hatte er keinerlei Einfluß auf den Kirchenbau. Der Rat scheint ihn in keiner Weise zur Beteiligung an den Baufragen herangezogen zu haben. Sorge, an Selbst­bestimmungsrecht einzubüßen, war wohl der Grund, und diese Sorge war nicht ungerechtfertigt im 18. Jahrhundert, in der Zeit der Entwicklung und Ausbildung der staatlichen Verwaltungsorganisation. Jede Behörde hatte das naturgemäße Streben, ihren Machtbereich zu erweitern, mindestens aber den Verlust, den sie durch Einfügung oberer Instanzen in ihrem Wirkungskreise erlitt, nach unten zu wieder zu ersetzen.

Gleich im Anfang, im Sommer 1763, stellte das Oberkonsistorium den Rat darüber zur Rede, daß er Brandschutt beim Räumen des Bauplatzes in die ausgefahrenen Straßen der Stadt geschafft habe, ohne dafür Einnahmen zu verbuchen. Die Entgegnung des Rates, daß der Schutt unbrauchbar

war und beseitigt werden mußte, genügte ihm nicht. Es schrieb: „Der Rat ist um so weniger ent­schuldigt,


  1. Vergl. Hasche, Dipl. Gesch. v. Dr. V S. 25 u. Mag. f. Sächs. Gesch. 1787 S. 38. Bei der Gemeinde erfreute sich Am Ende durch den ihm eigenen väterlichen Ton und die rührende, oft zu Tränen erweichende Art seiner Predigt großer Beliebtheit. Als eleganter Redner war er selbst von Friedrich dem Großen geschätzt. Der sehnlichste Wunsch des damals 60 jährigen, die Kreuzkirche noch einweihen zu dürfen, ist ihm freilich nicht erfüllt worden. Er starb 1777. Seine Berufung nach Dresden verdankt er der Fürsprache des Oberhofpredigers Herrmann, mit dem er als Schulgeselle von Pforta her befreundet war. Durch diesen mag er auch mit Maria Antonia, der Gemahlin des Kurfürsten Friedrich Christian, bekannt geworden sein. Sie schätzte ihn als Schöngeist und berief ihn öfters aufs Schloß. Bei diesen Besuchen, über die sich die Fürstin vor dem Papst rechtfertigen mußte, hat Am Ende auch für Förderung des Kirchenbaues gewirkt. So erbot er sich, ihre Vermittelung zur Überweisung der im Zeughaus liegenden Kirchenglocke anzurufen, nachdem einige Minister Weitergabe des Ratsgesuchs abgelehnt hatten. Erfolg hatte auch er nicht. Denn die Glocke war 1774 für die katholische Hofkirche gegossen, nur durfte sie nach dem Landesgesetz nicht auf­gezogen werden.
    Vergl. Weber, Maria Antonia und den Aufsatz des Verfassers über den katholischen Hof und die Kreuzkirche, Beiträge zur Sächs. Kirchengeschichte, Heft XVIII, 1905.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/16&oldid=- (Version vom 11.4.2024)