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liegt ein flaches gebrochenes, aber sonst ungegliedertes Dach mit einem Kranz kreisrunder Gaupen. Auch an der Turmseite setzt sich die Attique senkrecht auf, nur die Postamente über ihr haben eine kleine Anschweifung mit sitzenden Frauengestalten. Alle Verhältnisse sind weniger schlank als bei Schmidt. Die Vertikaltendenz, die dessen Plänen etwas vom Charakter des Zentralbaues gibt, ist eingeschränkt durch energische Betonung aller Horizontalen. Die Einzelmotive sind den beiden Konkurrenzplänen entnommen, so die Haupttür und das Fenster darüber dem von Krubsacius. Die Details zeigen modernen „goût“, aber nicht den des Akademieprofessors, sondern nur eine strengere Stilisierung der im Bauamt heimischen, aus der Barockzeit vererbten Motive.

Kreuzkirche. Exners Fassadenarchitektur. Maßstab 1 : 250.
Nach einer Maßaufnahme von 1897 im Pfarrarchiv.

Der Turm besteht in der Stirnansicht aus vier Säulengeschossen mit Zwischenpostamenten, Laterne und Zwiebelhaube mit Obeliskabschluß. Übereck sind gekuppelte Dreiviertelsäulen aufgestellt, deren schaftartige Rücklagen sich ans Kernmauerwerk anschweifen. Die abgeeckten Seiten seiner rechteckigen Grundform sind aus Kreisbögen von verschiedener Krümmung, aber mit gleichem Mittelpunkt, dem des Turmes, gebildet und mit strengen Rund­bogenarkaden durchbrochen. Die

Grundrißvariante Schmidts mit dessen
geänderten Orgelpfeilern und Exners
Turmfundament. Maßstab 1 : 1000.
Original im Hauptstaatsarchiv,
mit X bezeichnet.

Säulen rücken auf Radien nach innen, die mit der Längsachse Winkel von 30 ° und 45 ° bilden. Die Abeckung der Grundform erfolgt also nicht unter 45 °. Die Säulenabstände verjüngen sich mit den Geschoßstärken. Die Zentren für diese Verjüngung erinnern an die Konstruktionspunkte einer korbbogigen Ellipse, doch gehören weder die Bögen der Abeckung noch die des Kernmauerwerks einer solchen Ellipse an. Auch ist der Gesamteindruck der Geschoß­grundform der eines gegliederten Rechteckes. Die innerste hintere Säule des möglichst tief zu hal­tenden 3. Geschosses steht so, daß sie nicht mehr auf den Orgelbogen kommt. Ihre Stellung bestimmt die Grundform des Turmes. In einer Variante für den Fall starker Innenpfeiler ist das 3. Geschoß weniger tief und die fragliche Säule so gestellt, daß sie in der Seitenansicht gerade über den Hauptpilastern der Umfassung zu stehen scheint. In der Perspektive würde diese Wirkung nicht erkennbar sein. Der Grundrißabstand der Vorlagen in dem Turmunterbau beträgt in der Variante genau 1 1/2 Säulendurchmesser, ebensoviel die Verjüngung der beiden oberen Geschosse, der Abstand vom 2. zum 3. Stockwerk jedoch fast das Dreifache. Die Höhe von Säule mit Gebälk in den beiden unteren Geschossen ist gleich der größten Breite, nach oben zu wird dies Verhältnis schlanker.

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/133&oldid=- (Version vom 25.4.2024)