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gedeckte Seitenschiffe. Ein breiter Unterbau an der Stirnseite mit den Haupttreppen trägt einen quadratischen Turm, der durch eine Brücke mit der Attique verbunden ist. Freistehende Säulenpaare, im 3. Geschoß Pilaster, schmücken diesen Turm. Eine reizvoll silhouettierte hölzerne Spitze krönt ihn. Die Gliederung der Umfassungen ist viergeschossig (im Verh. 3 : 5 : 2 : 1). Die Hauptpilasterordnung nimmt noch nicht die Hälfte ihrer Höhe ein. Im Innern sind die Pfeiler der schlanken Arkaden als Pilasterbündel mit Gebälkkröpfen ausgebildet, über deren Bögen sich ein Gurt als Aufstand der Kuppel herumzieht. Durch kreisrunde Fenster der Attique erhält der Mittelsaal Eigenlicht. Außen ist die Attiquewand gequadert und nicht mit einer Ordnung versehen. Den Ab­schluß bildet ein Konsolenfries mit Laubgewinden und einer Balustrade darüber.

Grundriß und Raumbildung zeigen, daß Hölzer die Kreuzkirchenpläne von Schmidt und Krubsacius genau kannte. Daneben verarbeitete er viele Kompositionsgedanken der Frauen- und der katholischen Hofkirche. In der architektonischen Gliederung verrät der Plan deutlich den Einfluß der Schule. Nur ein Blatt trägt den Maßstab in Dresdner Ellen, zugleich auch in Pariser Fuß, die anderen sind nur nach Modul und Partes aufgetragen und alle Maße in diesen Verhältniszahlen eingeschrieben. Die Aufschriften sind französisch. Die Fassaden sind flach und leblos und zeigen eine Vielstöckigkeit mit einer Menge trockener Einzelmotive ohne jede Zusammenfassung und Steigerung. Reizvoller ist der Turm. Das völlige Fehlen von Kernmauern zwischen den Schäften der oberen Geschosse macht ihn leichter und luftig. Putten am Unterbau und die Gliederung der Spitze, die Verknüpfung des Turmes mit der Attique und deren Dekoration zeigen ein Empfinden, das Krubsacius fremd war. Das Bildungsprinzip des Turmes erinnert noch an dessen Pläne, weicht aber doch wesentlich ab. Hölzer verzichtet auf die gemeinsame Ecksäule, die ein geschoßweises Zurücktreten erschwert. Ähnlich wie Bernini läßt er die Ecke frei. Die Zuspitzung des Hauptturmkörpers ist noch gering. Doch ist die gesamte Massengliederung geschickter als bei Krubsacius. Sie vermeidet die diesem gemachten Einwände und läßt vermuten, daß auch Krubsacius bei der Konkurrenz eine Loslösung der Attique erstrebte, aber durch den gegebenen Grundriß gebunden war. In der Dekoration des Turmes ver­rät Hölzer eine große Freude am Schmuck. Neben antiken Motiven treten Tafeln, Pfeifenfries und ähn­liches auf. Acht mächtige Flechtbandgurte gliedern die Kuppel, deren Fenster mit Engelsköpfen und Blattgewinden geziert sind.

Als Schülerarbeit betrachtet, stellt der Entwurf des 24 jährigen eine hervorragende Leistung dar. Er verrät ausgeprägten Sinn für Raum- und Massengruppierung und reiche dekorative Be­gabung. Im einzelnen ist noch manches unausgeglichen. Neben dem akademischen Einfluß zeigt sich die Nachwirkung der Schulung unter Locke. In statischer Beziehung ist vor allem die Abstützung der 30 m weiten Kuppel äußerst bedenklich. Für die Eigenart und besonderen Raumansprüche der protestantischen Kirche zeigt der Plan wenig Verständnis. Das Fehlen der Kanzel und der absoluten Maßstäbe, die kolossalen Abmessungen charakterisieren den Schulentwurf. Dieser ist wichtig für die Erkenntnis der Eigenart Hölzers und vor allem dafür, wie der hervorragendste Schüler der Akademie, dem dann die Ausführung der Kreuzkirche zufiel und der an ihrer Planbildung vielleicht schon unter Locke, sicher aber unter Krubsacius mitgezeichnet hatte, wie Hölzer bei voller Freiheit im Schaffen zu den Bauproblemen der Kreuzkirche Stellung nahm.


3. Exners approbierte Pläne.

Fassaden und Turm.

Exners Pläne fürs Äußere vom März 1767 (2 Blatt Ansichten, 1 Blatt Turmgrundrisse im Hauptstaatsarchiv) entstanden an der Hand der Konkurrenzentwürfe von Schmidt und Krubsacius mit dem Ziel, das Gute aus ihnen herüber zu nehmen, die Einwände gegen sie zu vermeiden. In den Fassaden sind die Säulen und Pilaster niedriger, die Giebel der Vorlagen flacher, das Brüstungs­geschoß bedeutend höher angenommen. Die ovalen Lukarnen sind ganz weggelassen, die lichte Höhe der Hauptfenster vermindert und die oberen tiefer gerückt. Die Wände der Attique erheben sich senk­recht über der flachen Seitenschiffeindeckung. Ihre Fenster sind niedriger und tiefer. Über dem Gebälk

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/132&oldid=- (Version vom 24.4.2024)