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Ein baldiger Wiederaufbau ihrer Hauptkirche lag der Bürgerschaft am Herzen. Doch waren keinerlei Mittel hierfür vorhanden. Der Ärar,[1] aus dessen Revenuen Gottesdienst, Kirchendiener und Gebäude erhalten wurden, bestand im „geistlichen Brückenamt“, als der ursprünglichen „Dote“ der Kreuzkirche. Außer ihr diente die Kasse der Frauenkirche, die ursprünglich die Pfarrkirche der Stadt war, seit 1539 aber bis 1878 der Kreuzparochie gehörte. In diese Kasse flossen alle fundierten wie zufälligen Einkünfte der Brücke wie der beiden Kirchen, aus ihr wurden sämtliche Ausgaben bestritten. Die Brücke, die noch bis ins 19. Jahrhundert ein selbständiges Rechtsgebiet außerhalb des Weichbildes der Stadt bildete, war also damals gewissermaßen Eigentum der Kreuzkirche, ein Erbstück aus katholischer Zeit. Die Verwaltung des Brückenamtes führte der Rat, für ihn der Inspektor der Kreuzkirche.

In Zeiten wirtschaftlicher Blüte, wie während des Frauenkirchenbaues, konnten dem Brückenamt ohne Gefahr größere Summen entnommen werden. Durch den Krieg aber war der Zollertrag zurück­gegangen, umfangreiche Ausbesserungen der Brückenbahn nötig, der Zinsfuß gesunken, viele Hypotheken verloren oder uneinbringbar. So reichten die Einkünfte knapp für die Brücke selbst aus, für den Kirchenneubau kamen sie nicht in Betracht.

Zur Tragung der Baukosten war damals wie noch heute die Kirchgemeinde verpflichtet. Die einschlägige Bestimmung Nr. XXXIII der Generalartikel des Kurfürsten August vom Jahre 1557 lautet, es solle zum Bau der Pfarrkirche, wenn er aus dem Kircheneinkommen nicht geschehen könne, von den Eingepfarrten eine gemeine Anlage zu solchem Bau gemacht werden.

An die Erhebung solcher Kirchenbauabgaben war zunächst gar nicht zu denken. Denn in welchem Zustand befand sich die im wesentlichen mit der Altstädter Stadtgemeinde identische Kreuzkirchen­gemeinde! Durch wiederholte Kontributionen, durch die Vernichtung eines Drittels aller Häuser und einen Schaden der Bürger von mindestens 1 1/2 Million Taler war sie „in die allerärmsten Umstände“ versetzt. Bitter klagt der Rat[2] der „gänzlich verarmten Kommun über den elendesten Zustand, äußerstes Bedürfnis und große Schuldenlast“. Eine solche Gemeinde war zunächst nicht in der Lage, ihre Kirchenbaupflicht zu erfüllen.

Die Sorge um die Wiederaufhelfung der Stadt selbst verschlang alle Kräfte. Die eingesetzte Kommission zur Wiederherstellung Dresdens forderte von der Regierung vor allem 100 000 Taler zur Beschaffung von Baumaterialien für die Bürger. Diese begnügten sich zunächst damit, das Erd­geschoß ihrer Häuser bewohnbar zu machen und zu bedachen. Nur 13 Häuser wurden im Jahre der Beschießung wieder völlig aufgebaut. Im nächsten Jahre wurde dann über die Hälfte der zerschossenen Gebäude neu hergerichtet. Das Wirtschafts- und Verkehrsleben der Stadt begann sich etwas zu erholen. Geordnete Zustände griffen allmählich wieder Platz. Gleichzeitig tritt uns die erste Fürsorge für den Wiederaufbau der Hauptkirche entgegen. Am 20. Juli 1761, Jahr und Tag nach der Be­schießung, besichtigen auf Ersuchen des Rates zwei Baumeister, der Generalaccisbaudirektor Samuel Locke und der Landbau- und Zimmermeister Johann Georg Schmidt, eingehend die Trümmer der alten Kreuzkirche und erstatten darüber Bericht in folgendem Sinne:

Die (inneren) Pfeiler sind gänzlich weg und ruiniert, die Außenmauern noch gut und, wenn sie bleiben sollen, imstande, ein Dach zu tragen. Eine Verwendung der Reste ist angängig, aber mit viel Mühe und Beschwerlichkeit verknüpft. Dasselbe gilt auch für das stehengebliebene Turmmauerwerk, doch ist über dessen Stabilität noch kein abschließendes Urteil möglich.

Der Rat ging auf den Plan, die Mauerreste wieder auszubauen, zunächst ein. Sowohl Locke wie Schmidt fertigten hierfür Risse, die jedoch nicht zur Approbierung weiter gegeben wurden, wie der schon 1785 festgestellte Mangel an Nachrichten in den Akten sämtlicher Instanzen beweist. Für die Abhaltung des Gottesdienstes war gesorgt. Auch zur bloßen Erneuerung der Kirchenruine fehlte das Geld. Man beseitigte nur einige gelockerte Mauerteile „mit äußerster Lebensgefahr“ und brachte ein Interimsgeläute an (Februar 1762).


  1. Hauptstaatsarchiv loc. 2445, Kreuzkirchenbau betreffend.
  2. Vergl. Hauptstaatsarchiv 2576, Wiederaufhelfung der Stadt Dresden und die Beförderung des Wiederaufbaues 1760–81.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/13&oldid=- (Version vom 6.4.2024)