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Kurfürst Friedrich August schloß sich diesem Ferberschen Vorschlag nicht an. Die Sache solle vielmehr verhandelt werden und zunächst Exner sich gutachtlich zu Schmidts Eingabe äußern.

Exner tat dies wieder in Form von Randbemerkungen, „die ein jeder in der Baukunst Erfahrener als Gegengründe einsehen wird“. Bezüglich des Turmfundamentes schrieb er: „Schmidt hätte sich schämen sollen, dieses zu sagen, je breiter der Fuß einer Mauer, desto sichrer steht sie“. Die weggerissenen Mauern „waren aus alten mürben Steinen und vor dem Turmeinsturz aufgeführt und durch den vom Baumeister Schmidt verursachten Einsturz desselben, weil er ihm zu nahe gegraben, zerschmettert worden“. Beim Turmgrund sei das Geld keineswegs so ohne Nutzen, wie das in den alten Turm verbaute. Man habe keine gespitzten Quader vermauert, sondern nur die Buckel ab­geschlagen.[1] Im übrigen „ist es ganz natürlich, daß der Ratsbaumeister als ein Zimmermeister nicht abzusehen vermocht, wie Gründe von steinernen Kirchen angelegt werden müssen“. Betreffs der Pfeiler heißt es: „Die Versailler Kirche ist bloß halb so weit. Kenntnis der Kraft und Last ist weit sichrer als unrecht angebrachte Beispiele, die aus Kupferstichen hergenommen sind. Daß die Kirche noch licht genug, dafür hat Schmidt keine Sorge. Er darf nur die katholische Hofkirche, der es nicht an Licht fehlt, mit Verstand betrachten.“ Oberlicht sei entscheidend. Bei Schmidts Kanzelstellung hätte man den Prediger viel weniger hören, noch sehen können. „In allen Kirchen ist die dem Pfarrer entgegenstehende Seite die einzige, wo der größere Teil ihn sehen kann. Dahingegen auf der Kanzel­seite der wenigste Teil ihn sieht. Nach Schmidts Einrichtung würden beide Teile nicht viel von ihm haben sehen können.“ „Viele Sitze in einer Kirche anzubringen ist keine Kunst, allein eine Kirche auf eine anständige Art und dauerhaft bauen, dies will etwas mehr sagen und kann von dem Baumeister Schmidt auch gar nicht verlanget werden.“ Bezüglich des elliptischen Saalabschlusses heißt es: „Die Einsichten des Baumeisters sind nicht hinreichend genug gewesen, die Ursachen zu entdecken.“ „Übrigens ist zu verwundern, daß Sachen dem Schmidt zur Verteidigung vorgelegt und zugelassen worden, die vor der Oberbaukommission bereits hinlänglich untersucht und höchsten Ortes genehmigt worden, da er doch gewiesen, daß er nicht einmal imstande gewesen, die von gedachter Oberbaukommission beschehenen Desideria in seinen Rissen abzuändern.“

Ferber verhandelte auf Befehl des Kurfürsten noch mit Exner persönlich. Exner beklagte sich, „daß die Sache Schmidt nochmal vorgelegt worden und daß dieser hierbei diejenige Bescheidenheit gar nicht gebrauchet, welche ihm um so mehr geziemte, da der Rat ausdrücklich Befehl, ihn zur gebührenden Achtung anzuweisen gegen einen ihm vorgesetzten churfürstlichen Diener“. Weiter gab er auf Befragen an, daß bis zur Entschließung über die Pfeiler wohl noch etwas, aber nicht eben viel ge­schehen könne. (Der Kurfürst könnte hiernach an die Heranziehung auswärtiger Gutachten gedacht haben.)

Vor einem unbefangenen Sachverständigen würden Exners Anmerkungen ebensowenig wie seine früheren haben standhalten können. Sie fordern ebenso zur Kritik heraus, wie seine Pläne und sein Vorgehen. Im Grunde hatte er nichts zu seiner Rechtfertigung zu sagen und unternahm auch nicht den Versuch einer sachlichen und ehrlichen Widerlegung Schmidts, der streng sachlich und gründlich seine Einwände vorgebracht hatte. Zum Wegreißen der gering belasteten Mauern war Exner nicht berechtigt, da er etwaige Mängel derselben nach Xavers Verordnung vom 15. Mai 1767 hätte anzeigen müssen. Daß die Mauern mürbe und zerschmettert waren, ist nicht glaubhaft, da eiserne Keile zur Wegsprengung benutzt wurden. Der alte Turm konnte nicht auf sie stürzen, da sie damals noch nicht standen. Exner hatte sich vor den guten Steinen vom alten Turm gefürchtet! Weiter kann ein Fundament sehr wohl zu breit sein und dann infolge der Druckdifferenzen Risse bekommen. Vor allem ist ein zu breites Fundament der völlig zwecklosen Mehrkosten wegen widersinnig. Der Exnersche Plan des Turmfundamentes (Abbildung S. 125) ist nicht mit approbiert worden. Exner hatte hierin freie Hand. Ein in der Sammlung für Baukunst erhaltener Plan zeigt bereits ein größeres Fundament, das ausgeführte ist aber noch stärker. Allein seine Abschrägung erhielt 7 Ellen Ausladung. Dabei war schon die Grundfläche im ersten Plan fünfmal so groß als der Querschnitt des entsprechenden

Mauerwerks im Erdgeschoß. Ebenso war das Spitzen der bossierten Quader zwecklos, da gerade im


  1. Das Abschlagen der Buckel nennt man spitzen.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/105&oldid=- (Version vom 17.4.2024)