Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V.djvu/52

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Liebau.


Liebau, mit einem Rittergute und den dazugehörigen Anbauen bei der Rentschmühle und der herrschaftlichen Schäferei, liegt zwischen den Städten Plauen, Reichenbach und Greiz auf freundlichen Anhöhen des nahen schönen Elsterthales, welches durch seine romantischen auch botanisch interessanten Felsenparthieen, das Steinicht genannt, zu beiden Seiten von Liebau bis in die Nähe von Elsterberg viele Besucher selbst aus weiter Ferne herbeizieht und durch seine eigenthümlichen Reize den schmeichelhaften Namen einer kleinen Voigtländischen Schweiz erlangt hat. Das Dorf Liebau umfasst ausser dem Edelhofe und der dazu gehörigen Schäferei, eine Försterei, drei Bauergüter, drei Gartennahrungen und sieben kleine Häuser mit ungefähr hundert Einwohnern.

Liebau ist ein uralter Ort. Er ist eine der ersten funfzehn zwischen der Elster, Göltzsch, Trieb und Mulde erbauten sorbischen Ansiedelungen und gehörte zu dem grossen Auengau oder dem Gau Plauen, in welchem sich die nachherige Ebersteinische Herrschaft Dobenau befand. Der erste Graf von Eberstein, Bruno, hatte bei der Bezwingung des Slavenvolkes so vorzügliche Dienste geleistet, dass König Heinrich I. ihn, um 935, zu einem Grafen und Richter über die besiegten Stämme setzte und mit einem Gebiet beschenkte das, nach der Stiftungsurkunde der Stadtkirche zu Plauen, zu Anfang des zwölften Jahrhunderts fast zehn Quadratmeilen betrug. Anfänglich residirten die Ebersteine auf der Burg Dobenau, späterhin in dem von ihnen erbauten Plauen. Zur Sicherung des erworbenen Landes war es nun aber nöthig feste Grenzburgen zu erbauen und so entstand auch das Schloss Liebau dessen Steinmassen, seit länger als siebzig Jahren nicht mehr zu menschlichen Wohnungen dienend, zu einer verfallenden Ruine geworden sind und von dem darunter liegenden Elsterthale aus eine herrliche Ansicht gewähren.

Die Grafen von Eberstein, ursprünglich Schwäbischer Abkunft und einstmals Reichsgrafen theilten sich in zwei Linien, die Schwäbische und Sächsische. Erstere hatte ihre Güter besonders im jetzigen Grossherzogthum Baden, wo nahe bei der Stadt Baden „Alteberstein“ und im Thale der Murg „Neueberstein“ ihre beiden ältesten Stammsitze liegen. Gernsbach war ihre Hauptstadt und im zwölften Jahrhundert stifteten sie die Klöster Herrenalb und Frauenalb. Zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts hatte Markgraf Rudolf von Baden eine Gräfin von Eberstein zur Gemahlin. Das Wappen der Schwäbischen Ebersteine, welche 1660 mit dem Grafen Casimir ausstarben, war eine Rose in silbernem Felde und ein Eber auf grünem Boden in goldenem Felde. Die Sächsischen Ebersteine, von denen wiederum ein Zweig in Pommern zu Neugarten und Massau blühte, hatten ihre Besitzungen in Niedersachsen, wo sie jedoch im vierzehnten Jahrhundert verschwanden, indem Graf Hermann von Eberstein genöthigt wurde seine Tochter Elisabeth an Herzog Otto den Schiefbeinigen zu vermählen und seine Besitzungen derselben als Mitgift zu überlassen. Graf Ottos einziger Sohn wurde als Verbrecher geächtet und der väterlichen Güter verlustig erklärt. Die Sächsischen Ebersteine führten, gleich der Pommerischen Seitenlinie, im Wappen einen silbernen aufgerichteten gekrönten Löwen in blauem Felde und als Helmzier einen Pfauenschweif. Zu den Sächsischen Ebersteinen gehörten auch die im Voigtlande angesessenen, denn in einer Urkunde von 1317 werden sie ausdrücklich: „comites terrae saxonicae“ genannt, auch führten sie das eben geschilderte Wappen, doch fehlen auf einigen ihrer noch vorhandenen Siegel die Helme. Noch gab es eine freiherrliche Familie von Eberstein, welche seit 1492 bis auf den heutigen Tag das Gut Gehofen in der Thüringischen goldenen Aue besass. Sie führt im Wappen einen abwärts gekehrten Triangel, dessen Spitzen mit silbernen Lilien (Rosen?) besteckt sind, und als Helmzierde ein wachsendes goldgekröntes Mohrenbild.

Als einer der letzten Grafen von Eberstein, Herr zu Dobenau und Plauen, erscheint Herrmann von Eberstein auf Dobenau, dessen Bruder Otto Domher zu Hildesheim und Minden war. Herrmann verglich sich im Einverständniss mit seinem Bruder 1327 mit Heinrich Reuss von Plauen, dass beide künftig gemeinschaftlich die Herrschaft Dobenau und die Stadt Plauen von der Krone Böhmen in Lehn nehmen wollten. Damals bestand die Herrschaft Dobenau blos noch aus dem Schlosse Dobenau, dem Ebersteinischen Schlosse in der Stadt Plauen sammt einem Theile derselben und den Schlössern Liebau, Gansgrün, Schöneck, Planschwitz, Stein, Tübel, Magwitz und Gailsdorf.

Bald nach dieser Uebereinkunft starb Graf Herrmann von Eberstein als der Letzte seines Stammes und Heinrich von Reuss nahm die durch diesen Todesfall ihm zugefallenen Guter von Böhmen in Lehn. Wie zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts mit den Grafen von Arnshaugk verschwand jetzt mit den Ebersteinen wiederum eine der bedeutendsten Voigtländischen Dynastenfamilien aus der Geschichte unseres Landes, und zwar eine Familie der das Voigtland unendliche Wohlthaten zu danken hat. Von den Ebersteinen weiss man keine blutigen Fehden, keine Raubzüge und Verwüstungen zu erzählen,

Voigtländischer Kreis, 5tes Heft, oder 25stes Heft der ganzen Folge.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/52&oldid=- (Version vom 17.10.2016)