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Grobau.


Weiter hinauf über Rodersdorf durch Thossen und Reuth gelangt man zu dem an der Sächsisch-Bayerschen Eisenbahn gelegenen Dorfe Grobau, welches 31/2 Stunde von Plauen, 11/4 Stunde östlich von der Stadt Gefell, 3 Stunden von Hof, unfern der Bayerschen und Schleitzer Grenze, in rauer, aber nicht unangenehmer Gegend liegt, daselbst die mittlere Seehöhe der Flur 1762 Fuss beträgt.

Die Flur raint mit Mislareuth, Kemnitz, Krebes, Stöckigt und Gutenfürst.

Die in Südost ansteigende Felskoppe erreicht 1843 – die Eisenbahn aber in hiesiger Flur 1757 Fuss, wenn man nämlich der Connewitzer Costritzer Brücke 330 Fuss beimisst. Demnach bleibt die Bahn hier wenig unter ihrem allerhöchsten Punkte bei Reuth zurück.

Das hiesige Rittergut war früher amtssässig, welches, nachdem es für 2066 Thlr. Landes an die Eisenbahn abgetreten hat, dennoch 1649 Steuereinheiten trägt.

Seine Erbgerichtsbarkeit hat es im October 1855 an die Regierung abgetreten.

Eines der Güter im Dorfe besitzt die Gutenfürster Herrschaft eigenthümlich, ein Gut gehörte früher unter das Amt Plauen, stärkere Antheile unter die Güter Gutenfürst und Geilsdorf, und nur der geringere Theil unter hiesiges Allodialgut.

Das Gut selbst scheint nicht gar alt zu sein, indem die früheren Besitzer so unbekannt sind, dass sich selbst an dem 1428 „auf Grobe“ vorkommenden Friedrich von Jössnitz zweifeln lässt, da damit auch Besengrube bei Altenburg gemeint sein kann.

Um das Jahr 1580 war mit Grobau die Familie von Grünrod beliehen, 1727 und 1742 besassen es die beiden Flossaufseher von der Heyden auf Kemnitz und Gutenfürst, und seit dem Anfang des 19ten Jahrhunderts ist es an die Adlersche Familie gekommen.

Der derzeitige Besitzer ist Herr Carl Christan Erdmann Adler.

Zum Rittergute gehörte auch das nahe liegende Dörfchen Stöckig. Grobau mit diesen Stöckighäusern zählte im Jahre 1857 in 47 Häusern 322 Seelen.

Der Ort hatte in sehr früher Zeit eine Kapelle, von welcher noch die Grundmauer sichtbar ist und einen eigenen Geistlichen, dem auch die Grundstücke zugehörten, welche gegenwärtig noch mit der Benennung „Pfarrgütlein“ bezeichnet werden.

Ausserdem zieren den Ort 2 schöne Buchenwäldchen und hat derselbe überhaupt durch die Eisenbahn sehr gewonnen.

Ueber die Schule, die seit 1840 hier errichtet ist, hat die Herrschaft nicht das Collaturrecht, sondern der hiesige Schulvorstand.

Grobau hält noch ein Areal von 989 Ackern, 199 Ruthen mit 10426 Steuereinheiten.




Mislareuth.


Von Grobau die Eisenbahn verlassend, durch dichtes Holz entlang gelangen wir nach dem 1 Stunde entfernten Pfarrkirchdorfe Mislareuth, um welches die 4 reussischen Ortschaften Rothenacker, Gebersreuth, Heidefeld und Strassenreuth in einer Entfernung von 1/4 Stunde bis zu einer ganzen herum liegen.

Ein Mann, dessen Name auf Misel ausging, hat hier zuerst eine Wohnstätte gereuthet oder gerodet und daher die Benennung Mislareuth: Jedenfalls war dieser Mann an rauhes, kaltes Klima gewöhnt: Denn der Ort liegt ziemlich hoch, hinsichtlich seiner weit sichtbaren Kirche 1027 Fuss überm Meere, wie denn auch die mittlere Flurhöhe zu 1942 Fuss gefunden worden.

Die Lage des Ortes hat aber dessenungeachtet viel interessante Puncte: Das Dorf raint mit Orten dreier Staatengebiete: nämlich in Osten mit Grobau in Sachsen, in Osten mit Preussen, und zwar mit den Fluren der Stadt Gefell, nördlich mit Schleitzer Gebiet und zwar mit Rothenacker und mit Gebersreuth. Auf Schleitzer Boden quillt auch die Wiesenthal, um zunächst Rothenacker, später Mühltroff und Schleitz zu netzen – bei Waldburg die Saale zu verstärken, während, in Osten die gleichfalls in der Nähe entsprungene Kemnitz der Elster zueilt: In Osten erhebt sich auch der Galgenpöhl unweit der Eisenbahn. In Nordwest endlich ist die hohe Rothenackersche Höhe.

Mit der rauhen Gegend steht vielleicht der Name der „Haberländer“ in Verbindung. So nennt man nämlich diejenigen 4 Güter nebst 3 neugebauten Häusern, welche bis Johannis 1856 hinsichtlich der Realjurisdiction abwechselnd dem reussischen Amte Saalburg und dem Bayerschen Rittergute Konradsreuth unterlagen, damals nebst dem zu Schmidts Gute gehörigen und auf eine kleine wüste Mark hinzielenden Poritzsch-Acker zu Sachsen und somit unter das Gerichtsamt Plauen kamen.

Mislareuth zählte 1802 erst 226 Consumenten, 1858 aber in 61 Häusern 414 Seelen. Die Collatur bei der dem Superintendenten zu Oelsnitz unterliegenden Pfarrkirche steht dem Cultusministerium zu, wogegen die Schulstelle die Gerichtsherrschaft vergiebt. Der Pfarrer hat hier Kinder in 3 Staatengebieten und gehörte die Pfarrei zu den Streitpfarreien, welche bis vor wenigen Jahren vom König von Bayern als dem Nachfolger der Markgrafen zu Brandenburg-Culmbach besetzt wurde.

Die Brauerei ruht auf dem hiesigen Gasthofe als auf einem Erbkretscham.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/312&oldid=- (Version vom 24.2.2017)