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Mit der neuen Kirche entstand nun auch ein Pfarr- und Schulamt, und zwar in der Art, dass der ganze kirchliche Verband keiner Superintendentur, sondern dem Oberconsistorium in Dresden untergeben war. Im Jahre 1629 einigte sich der damalige Eigenthümer von Mylau, ein Herr von Schönberg, in Gemeinschaft mit dem Pfarrer M. Pöllmann, und der Oberst Carolus Bose, in einem vom Churfürsten Johann Georg I. confirmirten Recess dahin, dass dem Erbauer der neuen Schlosskirche, sammt dessen Erben und Nachkommen, nebst ihren Weibern, Kindern und Dienstleuten, gestattet sei, den neuen Gottesdienst zu gebrauchen, wobei sich Ersterer verpflichtete, den derzeitigen Pfarrherrn zu Mylau, auf die Zeit seines Lebens für seine Person als Beichtvater in Netzschkau zu betrachten, und auch sonst zutragender Fälle halber jedesmal mit demselben sich abzufinden, dessen Nachfolgern aber zur Recompens der Accidentien sechs Thaler zu erlegen. Nachdem jedoch der Oberst Bose auch das Schloss Mylau mit Zubehör erkauft hatte, fand 1638 eine Trennung des kirchlichen Verbandes der Gemeinde zu Netzschkau mit Mylau statt, wobei urkundlich festgesetzt wurde, dass der Pfarrer zu Mylau, sammt seinen Amtsnachfolgern, die fünf Scheffel Korn, und der Schulmeister einen Scheffel, so sie früher vom Rittergut Netzschkau empfangen, für ewige Zeiten vom Rittergute Mylau empfangen sollten. Das Getreide, welches jetzt von Rittergute Netzschkau an den Pfarrer zu Mylau entrichtet wird, hat dieses für das Vorwerk Foschenroda und die sogenannten wüsten Häuser zu Netzschkau zu liefern. Ebenso sollte der Zehnten nicht bloss von Mühlberg, sondern auch von den Bewohnern Netzschkau’s, wie vor Alters geschehen, gegeben werden, und zur Entschädigung für die Accidentien von den Unterthanen erhielt die Kirche ein Capital, wovon der Pfarrer die Zinsen, bestehend in fünf Thalern, geniesst. Endlich enthält die Urkunde auch die Bestimmung, dass die Unterthanen schuldig und verbunden sein sollten, wenn Etwas an der Kirche zu Mylau oder dem dasigen Kirchhofe zu bauen nöthig würde, das Ihrige, wie bisher geschehen, dabei zu verrichten. Dieser Recess wurde im Jahre 1648, wo der Collator die Einkünfte des Schlosspredigers erhöhte, wiederholt und 1661 wiederum vom Landesherrn confimirt. – Einen eigenen Gottesacker erhielt die Gemeinde erst im Jahre 1666; bis dahin begrub man die Netzschkauer Leichen auf den Friedhof zu Mylau, und zwar seit 1629 unter Begleitung des Netzschkauer Pfarrers. Die vormaligen Geistlichen in Netzschkau wurden als Pfarrer und Hofprediger eingesetzt, indem der ausserordentlich reiche Oberst Carolus Bose allhier einen kleinen Hofstaat hielt; der jetzige Pfarrer aber führt den Titel eines Schlosspredigers.

Die von Carl Bose erbaute Kirche war im Laufe zweier Jahrhunderte so baufällig geworden, dass sie im Jahre 1814 völlig abgetragen werden musste. Der Gottesdienst wurde bis zum Jahre 1840 in einem Saale des Schlosses abgehalten, da in Folge verschiedener, nicht zu beseitigender Hindernisse lange Jahre nicht zu einem Neubau der Kirche geschritten werden konnte. Am 30. April 1838 legte man endlich den Grundstein zu einem neuen Gotteshause, dessen Einweihung am 18. October 1840 erfolgte. Die Baumeister waren die Maurermeister Herold, Vater und Sohn, aus Greiz, und der Zimmermeister Zehner aus Treuen; die Orgel ist ein Werk von Ernst Poppe in Altenburg. Der ganze Bau kostete 14592 Thaler 12 Groschen.

Zum Schluss gedenken wir noch als eines Curiosums einer Predigt des Netzschkauer Pfarrers Zimmermann vom Jahre 1667, worin er den Namen Netzschkau aus dem Hebräischen herzuleiten versuchte, und den Ort für eine Gottes-Küssens-Stadt oder eine Gottes-, Schatz- und Rüstkammer erklärte.

Otto Moser. Redact.     




Geilsdorf.


Geilsdorf liegt im Amtsbezirke Plauen, in der Nähe des Elsterthales, umgeben von dichtbewaldeten Hügeln, voll denen man prachtvolle Aussichten über einen grossen Theil des Voigtlandes geniesst. – Das Dorf ist wahrscheinlich deutschen Ursprungs und dürfte das Stammgut der Familie von Geilsdorf sein, welche einst im Voigtlande sehr begütert war. Die frühesten bekannten Besitzer Geilsdorf waren die Herren von Sack, oder die Säcke, wie sie urkundlich in der Mehrzahl genannt werden, eine uralte voigtländische Familie, welche bereits im dreizehnten Jahrhundert häufig erwähnt wird. Die Säcke waren einst Reichssassen gewesen, und hatten als solche das bei Wunsiedel gelegene Schloss Eckbrechtstein besessen, dieses aber im Jahre 1337 an Heinrich den Langen von Plauen verkauft, der auch von Kaiser Ludwig IV. die Belehnung darüber erhielt. Kaiser Karl V. verlieh den Gebrüdern Hans und Caspar von Sack auf Mühldorf 1532 das Prädikat Edle, welches in jener Zeit nur Reichsdynasten und Standesherren zukam, und in den kaiserlichen und markgräflichen Briefen und Urkunden nur den Herren von Reuss und später auch der Familie von Planitz zu Theil wurde. Ulrich der Sack unterzeichnete bereits 1206 zu Bobenneukirchen einen Vertrag dreier Herren von Reuss über die väterliche Erbschaft, und 1436 werden die Gebrüder Ulrich und Nickel Sack erwähnt, welche in diesem Jahre von dem Churfürsten Friedrich dem Sanftmüthigen Schloss, Stadt und Gebiet Mühldorf erkauften, das sie schon vorher pfandweise besessen hatten. Wie einstmals, als eine besondere Herrschaft, Mühldorf von den Grafen Arnshaugk an die Reusse von Plauen und dann an die Markgrafen von Meissen gekommen, und in solcher Eigenschaft immer von einem Voigte oder Amtmann verwaltet worden war, ebenso behielten auch jetzt die Säcke und alle nachherigen Besitzer Mühldorfs das Recht, die Herrschaft mit einem besondern Amtmann für das Justizwesen zu besetzen. Die Familie der Säcke

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/22&oldid=- (Version vom 22.2.2017)