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und Stollberg, hinterliess, einem der reichsten Edelleute Sachsens. Seine Mutter war Clara von Geilsdorf, aus dem Hause Schwand. Im zwölften Jahre trat Carolus Bose als Page in Dienste des Bischofs von Bamberg, und nach dessen Tode in die eines Herrn von Kreilsheim; als achtzehnjähriger Jüngling aber ging er mit seinem Bruder Julius Cäsar nach Metz, und liess sich in einem Garderegimente König Ludwigs XIII. von Frankreich, als Hellebardirer anwerben, wo er zum Gefreiten und später zum Corporal avancirte. Als Corporal gerieth er in Gefangenschaft, aus der ihn die besondere Vermittelung des Königs befreite; mit dem Ausbruche des dreissigjährigen Krieges aber ging Carl Bose nach Deutschland zurück, und nahm Dienste unter dem Banner des wilden Mannsfelders, der ihm ein Fähnlein Fussvolk anvertraute. Bei der Einberufung der Sächsichen Ritterschaft (1620), folgte Carolus Bose dem Befehle seines Landesherrn und wurde zum Capitain ernannt, trat jedoch nach erlangter Erlaubniss des Churfürsten Johann Georg I., im Jahre 1621 in kaiserliche Dienste, und wurde bei dem Drucksischen Regimente als Obristwachtmeister eingestellt, wo er bis zum Jahre 1631 blieb und dann in Sächsische Dienste zurückkehrte, weil Tilly den Churfürsten mit einem Einfalle in dessen Länder bedrohte. Im Regimente des Obersten Eustachius Löser, übernahm Carolus Bose die Stelle eines Obristlieutenants, und führte 1632 dem König Gustav Adolf von Schweden ein Sächsisches Regiment Hülfstruppen zu, worauf in Folge ausgezeichneter Dienste, der Churfürst dem Boseschen Regimente noch 1200 Reiter beigab, so dass Carolus Bose nunmehr Oberst zu Ross und Fuss war. Im Jahre 1638 schied Oberst Bose aus dem Kriegsdienste, leistete aber seinem Fürsten in Kriegsangelegenheiten durch seine Erfahrung noch manchen wichtigen Dienst im Rathe, und erhielt nach beendigtem dreissigjährigen Kriege die Amtshauptmannschaft zu Zwickau, Werdau und Stollberg. Er stand bei dem Churfürst in so hoher Gnade, dass ihn derselbe oft als Gesandten mit wichtigen Aufträgen betraute, und zum Inspektor der Thüringischen, Erzgebirgischen und Voigtländischen Befestigungen und Vertheidigungswerke ernannte.

Von dem ungeheuren Vermögen des Obersten Bose bestand ein grosser Theil in Rittergütern; er besass Schneckengrün, Christgrün mit der Bünauschen Mühle, Limbach, Elsterberg, Nosswitz mit der Mühle, Coschütz, Netzschkau mit der Schwarzhammermühle und Roitzschau, Mylau, Brunn, Weisensand mit der Hoyersmühle, Lengenfeld, Bosenhof, Frankenhof mit der Frankenmühle, Schweinsburg, Crimmitzschau, Lauterbach, Schiedel, Dewitz, Vollmershain, Fuchshain, Zechau, Breitingen, Hirschfeld, Regis, Frauenfels, Gerbitz, Thonhausen und Cannewurf, dabei ein Haus in Dresden und eins in Zwickau. Von seinen vier Gemahlinnen blieben ihm fünf Sohne und sechs Töchter. Der Oberst Bose starb am 12. Januar 1657 im einundsechzigsten Lebensjahre am Schagfluss, und zwar auf dem Rückwege von Leichenbegängniss seines Sohnes, Johann Carol Bose auf Schweinsburg. Bei der ungemein prachtvollen Bestattung des berühmten Kriegers und churfürstlichen Rathes, befanden sich Abgeordnete des Landesherrn und seiner Gemahlin, sowie des Herzogs von Sachsen, und Fürst Heinrich Reuss von Plauen folgte der Leiche in eigener Person. Seine letzte Ruhestätte fand Carolus Bose in der Hauptkirche zu Zwickau, wo sein Epitaphium, das er nebst dem Sarge sich schon mehrere Jahre vor seinem Tode anfertigen liess, noch jetzt vorhanden ist; sein Bildniss in Lebensgrösse, welches ihn im Kriegskleide eines Obersten der damaligen Zeit darstellt, befindet sich noch im Schlosse zu Netzschkau.

Nach Carolus Bose’s Tode gelangte Netzschkau an einen seiner Söhne, den churfürstlichen Hofmarschall und Domherrn zu Naumburg, Carl Gottfried Bose, welcher durch seine Bemühungen dem Dorfe Netzschkau die Stadtgerechtigkeit verschaffte. Kaiser Carl VI. erhob ihn sammt seinen Nachkommen 1715 in den Reichsgrafenstand. In einem Alter von siebenundsiebzig Jahren starb Carl Gottfried, Reichsgraf von Bose, im Jahre 1731 zu Dresden, und Netzschkau wurde Eigenthum seines Sohnes, des Grafen Carl Alexander, der nur bis 1744 lebte und in Netzschkau beigesetzt ist. Da er keine Kinder hinterliess, so erbte die Güter seines verstorbenen ältesten Bruders, der Reichshofrath und Domherr zu Wurzen gewesen war, einziger Sohn, Graf Friedrich Carl, churfürstlich Sächsischer Ober-Kammerherr und Geheimrath, Inhaber des Brandenburgischen rothen Adlerordens und Grosskreuz des Würtembergischen grosser Ordens. Derselbe starb zu Dresden in seinem einundvierzigsten Jahre.

Der letzte Besitzer Netzschkau’s aus der Bose’schen Familie war des Ober-Kammerherrn Grafen Friedrich Carl Sohn, Friedrich Wilhelm August Carl, Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Netzschkau, Gamig, Neuschönfels, Mäuschau, Limbach und Reisewitz, Sächsischer Staatsminister, Staatssecretair der auswärtigen Angelegenheiten, Ritter des Ordens der Rautenkrone, Grosskreuz der französischen Ehrenlegion, Ritter des Bairischen Hubertusordens und Commandeur des Ordens vom Nordstern. Das Andenken an diesen wohlwollenden leutseligen Herrn, der am 9. September 1809 im dreiundsechzigsten Jahre seines Alters mit Tode abging, lebt noch im Andenken vieler seiner einstmaligen Unterthanen segensreich fort.

Netzschkau kam nunmehr an den königlich Sächsichen Kammerherrn, Grafen Moritz Levin Friedrich von der Schulenburg, und später an dessen Sohn, den Grafen Levin Friedrich auf Burgscheidungen, Kirchscheidungen, Branderode, Netzschkau und Limbach. Letzterer[WS 1] starb im kräftigsten Mannesalter am 16. Juni 1842, zur tiefen Betrübniss Aller, die so oft Gelegenheit hatten, seine Güte und Wohlthätigkeit kennen zu lernen. Durch testamentarische Bestimmung wurde die Gemahlin des Verewigten Universalerbin, und von ihr gelangte Netzschkau an den jetzigen Besitzer Herrn Johann Gottfried Opitz.

Die Kirche zu Netzschkau wurde im Jahre 1619 vom Obersten Carolus Bose erbaut, bis dahin war die Gemeinde nach Mylau eingepfarrt. Im Eingange der beiden von ihm 1629 und 1648 errichteten Fundationsurkunden sagt der Gründer des Gotteshauses: Aus christlicher Andacht und Bewegniss, dass Gott ihn mit gehäuften, unzähligen Wohlthaten durch sein ganzes Leben begabt und gesegnet, wolle er seine Dankbarkeit durch ein äusserlich Kennzeichen der Mildigkeit offenbaren, und habe darum seine Gedanken, Arbeit und Benutzung auf einen neuen Kirchenbau zu Netzschkau gerichtet. Am 10. August 1629 wurde die neue Kirche eingeweiht, eine Orgel erhielt dieselbe jedoch erst 1647, und den aus Salzburger Alabaster angefertigten und mit Marmorsäulen verzierten Altar im Jahr 1659, wo der Erbauer des neuen Gotteshauses bereits zwei Jahre im Grade ruhte. Die drei Glocken, von Lorenz Hendel und Stephan Buchaim zu Zwickau gegossen, sind ebenfalls ein Geschenk des Obersten Bose.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Letzerer
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/21&oldid=- (Version vom 22.6.2019)