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Rosenberg,


13/4 Stunde von Plauen, rechts ab von der nach Hof führenden Chaussee gelegen, so dass es von Oberweischliz 1/4 Stunde blos entfernt ist.

Rosenberg war ursprünglich blos ein Vorwerk von Oberweischlitz, wurde aber in späterer Zeit als selbstständiges Rittergut erhoben und hatte seine eigne Gerichtsbarkeit; die Gerichtstage aber wurden von jeher in der Gerichtsstube zu Oberweischlitz abgehalten, was eben daher seinen Grund haben mag, dass Oberweischlitz und Rosenberg immer einen und denselben Besitzer hatten.

Erst unter der Familie Kasten wurde in sofern eine Theilung herbeigeführt, als ein gewisser Herr Herrmann, der Schwager der Frau Finanzcommissär Kasten das Gut allein übernahm, von dem es dessen Kinder der Privatgelehrte Herrmann und dessen Fräulein Schwester, Karoline Herrmann erbten.

Der jetzige Mitbesitzer, der Privatgelehrte Herrmann ist bekannt als weitgereister Mann und als Freund der Natur.

Wenn der Frühling kommt mit seinen sonnigen Tagen, dann wandert derselbe in weite Ferne, in noch nicht gesehene Gegenden, um den Schatz seines Wissens zu erweitern und fremde Menschen und Sitten zu studiren.

Und fragt man nach der Art und Weise seines Fortkommens als grosser Reisender, so hört man gewöhnlich die einfache Antwort: „Dorthin bin ich zu Fuss gewandert; dahin wollte ich nur gehen; durch diese Gegend durfte man nicht fahren, um von ihrem Liebreiz nichts zu verlieren.“

Wer Gelegenheit hatte, der Mittag- und Abendtafel der Familie Kasten in Oberweischlitz beizuwohnen und das Glück zu geniessen, den Vielgereisten unter den Gliedern der Familie zu finden, der wird einen solchen Tag zu den schönsten, lehrreichsten seines Lebens zählen; diese praktische Weltansicht, diese Lebensphilosophie, wie solche aus dem Munde dieses Mannes vernommen wird, erregt die Zuhörer und erwärmt die Herzen. Und wie anziehend dabei ist nicht die Anspruchslosigkeit, die Bescheidenheit dieses Mannes? Unwillkürlich erinnert diess an jenen Ausspruch: „Je gelehrter der Mann, desto bescheidener derselbe!“

Rosenberg hat seit dem Jahre 1856 recht schöne neue Rittergutsgebäude, wie sie die Abbildung zeigt, nachdem die alte herrschaftliche Wohnung nebst den Stallgebäuden im Jahre zuvor aller Wahrscheinlichkeit nach durch ruchlose Hand ganz niedergebrannt sind.

Die von Herrn Doktor Lorenz, als Gerichtsdirektor von Rosenberg, angestellte umsichtige Erörterung und eingeleitete Voruntersuchung hat leider zu keinem Resultat geführt, obschon ein Individuum dieser That als sehr verdächtig erschienen war.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/205&oldid=- (Version vom 7.1.2017)