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zwischen dem sechsten und zehnten Jahrhundert die Sorben hier angelegt hatten. Schon unter den Anbauern im Gaue „Plawe“ kommen die Namen Göltzsch und Rodewisch vor, sowie auch der Flussname Göltzsch sorbischen Ursprungs ist.

Ein Dunkel schwebt über Rodewisch und Göltzsch, zwischen dem zehnten und zwölften Jahrhundert. Nur so viel ist gewiss, dass Göltzsch und Rodewisch bis ziemlich zum Jahre 1542 mit der Herrschaft Auerbach vereinigt blieben und im Besitze dieser Herrschaft waren anfänglich die Herren von Reuss, Voigte zu Plauen, denen vom Anfange bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die Burggrafen von Dohna folgten, welche bereits im Jahre 1473 laut Urkunde zu Niederauerbach einen daselbst ihnen gehörigen Eisenhammer (an welcher Stelle jetzt Glas berühmte Messingwerk steht) an einen ihrer Diener verschenkten, bis endlich ein Rudolf von der Planitz, auf Planitz und Wiesenburg, als Erster dieses altadligen Geschlechts, im Jahre 1499 im Besitze Auerbachs sich befindet, dessen Sohn, Hans von der Planitz, im Jahre 1504 zugleich als Besitzer der Herrschaft Göltzsch genannt wird und dadurch auch geschichtlich berühmt ist, dass er als Doctor und Rath bei Kaiser Karl V. in hohen Ehren stehend, von diesem im Jahre 1522 laut Diploms auf einem Reichstage zu Nürnberg mit dem Titel „Edler“ und mit dem Vorrechte, mit rothem Wachse siegeln zu dürfen, belehnt wurde, während er nicht minder auch mit Dr. Luther in vertraulichem Briefwechsel gestanden hatte. Zeugnisses genug für das hohe und auch höhere Alter von Rodewisch.

Bis zum Jahre 1542 blieb die Herrschaft Göltzsch, auch Gölitzsch genannt, mit der von Auerbach bei der Planitzschen Familie. Da theilten sich die drei Söhne des obgedachten Herrn Hans in das väterliche Erbe und Balthasar Friedrich, Edler von der Planitz, erhielt die erstere, welche ungetheilt auch fortbestand bis 1602, wo, laut Theilungsrecesses vom 20. September, drei Brüder eine Theilung dieser Herrschaft mit dem dazu gehörigen obern und untern Vorwerke vornahmen: und so traten nach und nach die jetzigen drei Rittergüter unter den Namen Obergöltzsch, Untergöltzsch und Niederauerbach als besondere Besitzungen mit ihrer eigenen Gerichtsbarkeit hervor.

Das Rittergut Obergöltzsch blieb bis zum Anfange des achtzehnten Jahrhunderts im Besitze der von der Planitzschen Familie, wo es durch Kauf an die von Beustsche überging, dann, noch in der ersten Hälfte des selben Jahrhunderts, an die von Brandensteinsche verkauft ward, nach welcher es die Frankesche acquirirte, und durch Erbe an die Adlersche Familie überging, welche noch heute im Besitze dieses Gutes ist.

Das Schloss Obergöltzsch ist schön gelegen und nett und freundlich eingerichtet, wenn es auch selbst nicht zu den grösseren Gebäuden gerechnet werden kann.

Im Orte befindet sich ausserdem noch eine Mahlmühle mit zwei Gängen an der Göltzsch, eine Papiermühle und einige Bretmühlen. Früher, vor der neuen Gerichtsorganisation gehörte der Ort Zeidelweide hierher.

Die Schicksale des Ortes anlangend, so sind solche mit Rodewisch eng zusammenhängend. Durch den dreissigjährigen Krieg hat Göltzsch wie ganz Rodewisch viele Kriegsdrangsale erdulden müssen. Im Jahre 1772 war grosse Hungersnoth und in deren Gefolge erschienen bösartige Krankheiten, wo der Tod viele Menschen hinweggerafft hat.

In Rücksicht auf das lange Dorf Rodewisch bildeten sich in den drei Orten Obergöltzsch, Untergöltzsch und Niederauerbach schon seit lange her ohne Rücksicht auf die Gerichtsangehörigkeit drei besondere Gemeinden, deren Angelegenheiten drei Gemeinderäthe zu besorgen haben – eine Zerstückelung, die zwar ihr Unangenehmes hat, deren Abstellung aber auch ihre nicht geringen Schwierigkeiten haben dürfte. Ein besonderer Schulgemeinderath, an der Spitze des Schulvorstandes stehend, hat jetzt die äusseren Angelegenheiten der gesammten Ortsschulen eines gemeinschaftlichen Schulbezirks zu vertreten.

Alljährlich am Montage nach Jacobi, als am Kirchweihfest, wird im eigentlichen Flecken Rodewisch auch ein Markt gehalten, dem am Abend des Dienstags die Feier eines eigenthümlichen Volksfestes folgt, das für eine alte Anspielung auf den Ortsnamen gehalten wird. Denn während, vom Sonntage an, um ein eine Elle langes Stück rothen Tuches, das der obere Gasthofsbesitzer unentgeldlich zu geben hat, als um einen Preis von den Männern auf der Kegelbahn gekämpft worden war; wird jetzt der Gewinnende damit geschmückt, am Arme seiner Tänzerin von den Gerichtspersonen mit Musik auf einen nahen Platz geführt, wo nach drei von diesem Paare allein beendigten Tänzen, die Mitkämpfer nun mit ihren Schönen den Tanzenden sich anschliessen und nach mehreren Reigen in eng geschlossenem Kreise jubelnd das Volksfest beschliessen.

Was die Lage von Obergöltzsch und Rodewisch betrifft, so gehört sie, auch durch die Nähe von Auerbach, zu den freundlicheren des Voigtlandes; vorzüglich dienen die im letzteren Orte stehenden und meistentheils jetzt hohen Linden und Erlen durch ihren Baumschlag zu besonderer Zierde.

Das Klima ist mild, während weiter südlich und östlich entfernt ein rauheres bald beginnt.

Bedeutende Höhen findet man hier nicht, doch bietet dem Fussreisenden einen angenehmen Pfad die jetzt nach Wernesgrün führende Kunststrasse dar, welche, vom obern Ende von Rodewisch durch ein Wiesenthal, dies- und jenseits des Wernesgrüner Baches in vielfachen Krümmungen sich

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/164&oldid=- (Version vom 7.1.2017)