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wo drei tausend Menschen von ihnen abgeschlachtet wurden. Die schrecklichste Behandlung erfuhren die Dominikanermönche und Kreuzbrüder, von denen sie eine Anzahl lebendig begruben oder sonst auf grausenerregende Art hinrichteten. Unglücklicher Weise hatten sich der benachbarte Adel und eine Anzahl wohlhabender Landleute in die Stadt geflüchtet und ihre besten Habseligkeiten mit dahin gebracht, wodurch auch die Habsucht der Belagerer zu schneller Eroberung der Stadt beitrug. Alle Männer mussten über die Klinge springen, nur die Frauen schonte man zu niederträchtiger Schmach und liess ihnen und den Kindern nichts als das Leben.

Als die Stadt genommen war, flüchtete sich ein Theil der Bürgerschaft in den Ratschin, das feste mit Thurm und Wall trefflich verwahrte Schloss, wo eine zahlreiche Besatzung verzweifelten Widerstand leistete. Höchst wahrscheinlich würde die Tapferkeit der Belagerten und die Festigkeit der Burg es den Hussiten unmöglich gemacht haben, den Platz zu nehmen, wenn nicht ein Schurke Verrath geübt hätte. Der Ritter von Ratschauer (?) liess sich durch eine Summe Geldes bestechen, heimlich das Thor des Schlosses zu öffnen. Auf jeden Fall war dieser Ratschauer ein Burgmann, denn der Name verräth nur sein Amt, nicht seine Familie. Wüthend drangen die Hussiten in die Burg und massakrirten die ganze, aus zwei tausend Streitern bestehende Besatzung. Unter den Ersten, welche niedergemetzelt wurden, befand sich der verrätherische Bube, welcher Commandant des Schlosses gewesen sein soll. Die Hussiten schleppten unermessliche Beute von hier fort und zerstörten den Ratschin so weit es ihnen möglich war. Unter den gefallenen Edelleuten waren Otto von Röder auf Rodersdorf, Conrad von Röder auf Leubnitz und sein Vetter Conrad auf Pöhl, Hans Raab von Reussa, Hans und Johann von Magwitz, Hans von Possegk, Wilhelm von Myla, Hermann Kopp, Hans von Pöllnitz, Heinz Rumpf und Conrad Molsdorf. Im Hause des Deutschherrenordens tödteten sie den Comthur, Gottfried von Molsdorf, mit mehreren Rittern, Geistlichen und Laienbrüdern. Acht derselben wurden auf dem Klosterkirchhofe lebendig begraben. Hierauf zogen die Unmenschen ab über Oelsnitz und Hof, mordend und brennend, nach Franken und Baiern. Die Stadt Wonsiedel war so glücklich, die Unholde von ihren Mauern abzutreiben.

Die Zerstörung des Ratschin und der Stadt Plauen hatte den Verlust sämmtlicher alten Urkunden und historischen Nachrichten zur Folge, welche im Schlosse und in den geistlichen Häusern aufbewahrt wurden. Die Stadt erhob sich eher wieder aus der Asche als das Schloss, in welchem 1466 Apel von Tettau als Amtmann des Kurfürsten von Sachsen wohnte, welcher nebst dem Könige von Böhmen die Herrschaft Plauen dem Herrn von Plauen, kaiserlichen Hofrichter und Burggrafen von Meissen Heinrich II., mit Gewalt abgenommen hatte. Nach der Schlacht bei Mühlberg (1547) wurden die alten Böhmischen Lehen, und darunter auch die Herrschaft Plauen, von der Krone Böhmen wieder eingezogen und dem fünften Meissnischen Burggrafen, Heinrich von Plauen, Kanzler des Königreichs Böhmen, als erbliches Land zurückgegeben; die Söhne dieses Burggrafen aber sahen sich genöthigt, im Jahre 1559 die Herrschaft mit anderen Besitzungen an den Kurfürsten August zu verpfänden, der, weil die Summe nicht zurückgezahlt werden konnte, 1567 sich völlig in den Besitz der Herrschaft Plauen und des Amtes Pausa setzte. Seit dieser Zeit blieb der Ratschin sammt der Stadt Plauen bei Sachsen. Das Schloss wurde im dreissigjährigen Kriege einige Male von feindlichen Truppen, namentlich von dem berüchtigten General Holke, besetzt. Zur Zeit ist dasselbe Sitz des königlichen Justizamts.

Plauen war vom dreizehnten bis zum sechszehnten Jahrhundert ein Comthurhof des deutschen Ordens, dessen letzter Comthur, Georg Euler, zum Lutherthum übertrat und erster Superintendent zu Plauen wurde. Hier lebte auch im siebzehnten Jahrhundert der Prediger Dörfel, bekannt als Entdecker der Kometenbahnen, und der nachherige Oberhofprediger Herr von Hoënegg, Vertrauter Kurfürst Johann Georgs I., der als des Kurfürsten Rathgeber im dreissigjährigen Kriege eine zwar wichtige, aber für unser Vaterland nichts weniger als segensreiche Rolle spielte. König August der Gerechte pflegte bei Seinen Reisen in das Ausland Sich oft den Namen eines Grafen von Plauen beizulegen.

M.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/131&oldid=- (Version vom 7.1.2017)