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Der Ratschin
bei Plauen.


Unter allen Ortschaften des Voigtlandes ist keine merkwürdiger durch ihre Geschichte, als die reizend gelegene Stadt Plauen. In Urkunden wird sie Plawen, Plawin und Plawa genannt und beweist durch diesen Namen ihre slavische Gründung, denn „plawin“ heisst „schwimmen“, welche Benennung die Stadt durch die Furth über die hier vorbeifliessende Elster erhielt. Da der Zweck unseres Werkes nur die Schilderung der alten Burg bei Plauen, des Ratschins oder Ratschauers erheischt, können wir von der Geschichte der Stadt nur so viel heranziehen, als der Raum gestattet und die Nothwendigkeit verlangt.

Eine der ersten Burgen des Voigtlandes war die zu Plauen, vielleicht sogar sorbischen Ursprungs. Im neunten und zehnten Jahrhundert scheinen Sächsische Grafen die hiesige Gegend besessen zu haben; gewiss aber ist es, dass im Anfange des zwölften Jahrhunderts Graf Albrecht von Eberstein auf der Burg Doberau über einen grossen Landstrich gebot, in der Stadt Plauen 1122 die erste Pfarrkirche gründete und sich überhaupt sehr angelegen sein liess, die zum Theil noch heidnischen Sorben zum Christenthume zu bekehren. Die Grafen von Eberstein blieben im Besitz der Herrschaft bis zum Jahre 1327, wo die Besitzungen an die Reusse gelangten, welche damals bereits die mächtigste Dynastenfamilie des Voigtlandes bildeten. Die Voigte hielten zu Plauen Burgmannen, von deren einem eine Urkunde vom Jahre 1337 sagt:

„Wir Henrich der elder voit czu Plawe, den man nenet den langen, bekenne daz wir sein vbereinkomen mit den erbarn Knechte, vnssern lieben getrewen Hansen von Kosbode, alzo daz er mit wonung sal vnder vns varen und bleiben – und darvm sulle wir ihm geben vier mark geldez czu burcgut – und darvm sal er vnsser burcman sein czu plawe.“

Diesen Burgmannen lag unter Anderem auch die Pflicht ob, die berühmte Plauensche Strasse zu bewachen, welche in das Reich führte und erst im fünfzehnten Jahrhundert ihre Bedeutung verlor. Es wird derselben 1367 in dem Gnadenbriefe gedacht, welchen Kaiser Karl IV. der Stadt Reichenbach ausstellte, auch geschieht ihrer sogar noch 1564 Erwähnung, wo sie noch die Dörfer Kürbitz und Strassberg berührte. – Uebrigens hatten die Ebersteine auch ein Schloss in der Stadt, von denen noch einige alte Mauern vorhanden sein sollen. Dasselbe stand zwischen dem Kloster und dem Nonnenthurme, wo der sogenannte Marstall noch jetzt daran erinnert. Zu Burgmannen dieses Schlosses ernannten die Grafen zwei adelige Herren, von Trützschler und von Röder, die das Amt erblich auf ihre Nachkommen zu bringen wussten, woher die beiden Familien auch in späteren Zeiten immer noch verschiedene Lehne in der Stadt Plauen besassen. Die Burgvoigtei, das Rödersche Schlösschen genannt, stand nahe bei der Kirche und wurde am 8. Januar 1595 von Abraham und Sebastian Röder auf Pöhl, Jahnsgrün und Helmsgrün, sowie Hildebrand von Trützschler auf Leubnitz für 307 Gülden 3 Groschen an den Rath zu Plauen verkauft. Die Burg auf dem Berge zu Plauen war schon längst vor dem Erlöschen der Ebersteine an die Voigte von Plauen gekommen; denn es existirt als Beweis eine Urkunde von 1235, worin es heisst: „Nos Dei gratia Henricus senior dictus Advocatus de Plawe“ – und welche schliesst: „actum hoc in Plawe.“ In dieser Urkunde wird Ritter Eitel Tosse mit Feld und einem Zehnten zu Lothra belehnt, wobei Heinrich von Watzdorf zu Reudnitz, Asmus von Kospode und Nikol von Wallenstede als Zeugen auftraten. Heinrich der Kluge, Voigt von Plauen, verglich sich 1327 mit dem Grafen Hermann von Eberstein, dass sie die Herrschaft Dobenau sammt der Stadt Plauen gemeinschaftlich von dem König Johann von Böhmen in Lehn nehmen wollten. Zur Herrschaft Dobenau gehörte damals das Schloss Dobenau, das Schloss in der Stadt Plauen, sammt einem Theile derselben, und die Schlösser Liebau, Jahnsgrün, Schöneck, Planschwitz, Stein, Türbel, Magwitz und Gansdorf. Bald darauf ging Graf Hermann mit Tode ab und seine Güter fielen an Heinrich den Klugen und seinen Sohn. Ohne Zweifel besassen die Voigte schon lange vorher einen bedeutenden Theil der Ebersteinischen Besitzungen als Afterlehn und dazu gehörte auch sammt einem Theile der Stadt Plauen das Schloss Ratschin, dessen Name entweder noch aus der Sorbenzeit herrührt oder durch sein Lehnsverhältniss zu Böhmen ihn erhielt; denn Ratschin heisst im Slavischen eine Burg.

Das Jahr 1430 brachte über das Voigtland unsägliches Elend, indem die Hussiten in Meissen einfielen und ihren Weg durch Blut und Flammen bezeichneten. Nachdem sie Werda und Altenburg in Asche verwandelt, durchstreiften diese Barbaren das Voigtland, wo Reichenbach, Mylau und Auerbach ebenfalls ihrer Wuth zum Opfer fielen. Einen besondern Hass aber hatten die wilden Böhmen gegen Plauen, indem einer ihrer Anführer, ein Herr von Sternberg, hier gefangen gehalten und dabei etwas streng behandelt worden war. Am Tage der Bekehrung des Apostels Paulus stürmten sie die Stadt,

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/130&oldid=- (Version vom 7.1.2017)