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alte Strassburger genannt, einhundert und elf Jahre alt, und der alte Görl in Juchhe bei Elster hatte im Jahre 1854 sein hundertstes Lebensjahr erreicht. Leute von siebzig und achtzig Jahren verrichten noch mit fast jugendlicher Kraft die anstrengendsten Arbeiten und goldene Hochzeiten gehören zu den gewöhnlichsten Ereignissen. Der schon erwähnte alte Görl hatte seine sämmtlichen Kinder überlebt, dagegen umringten den ehrwürdigen Greis zwanzig Enkel und Urenkel, denen der Alte oft erzählte wie er durch Mässigkeit und Sitteneinfachheit zu so hohem und gesundem Alter gelangt. In seinen Jugendjahren hatte Görl als kaiserlicher Soldat gegen die Türken gefochten und lebte der gewissen Hoffnung, dass sein Kaiser, wenn er des alten Soldaten kümmerliche Verhältnisse erführe, ihn gewiss mit einer kleinen Pension bedenken würde.

Der Kurort Elster vereinigt Alles, was zur segensreichen Wirksamkeit einer derartigen Heilanstalt wesentlich beizutragen vermag, nämlich die Qualität und Quantität der zum innerlichen und äusserlichen Gebrauche dienenden Mineralquellen, vortheilhafte Lage, günstige klimatische und atmosphärische Einflüsse, Aufheiterung aller Art, freundliche Umgebungen, gesellige Vergnügungen, behagliche Ruhe, Bequemlichkeit, Sicherheit, gute Bewirthung und – Wohlfeilheit. Die uns bekannten Quellen sind:

1) Der Marienbrunnen (Trinkquelle, neue Hauptquelle, Stahlquelle, sonst auch als zwei verschiedene Quellen unter dem Namen Augustusquelle und Augenquelle bekannt) ist die an freier Kohlensäure, Eisen und – mit Ausnahme der neuentdeckten Salzquelle – auch an festen Bestandtheilen reichste Quelle. Wassermenge 954 Cubikzoll in der Minute; Temperatur + 10° C., spec. Gew. = 1,005.

2) Der Albertsbrunnen (Sauerbrunnen, Augen- oder Salzquell) hinsichtlich der Mischungsverhältnisse dem vorigen nahestehend, aber weniger reich an Kohlensäure. Wassermenge 851 Cubikzoll in der Minute; Temper. + 10° C., spec. Gew. = 1,0043.

3) Königsbrunnen (Gasquelle, Sprudel, neue Badequelle) zwar eben so reich an Eisen und Kohlensäure als der Marienbrunnen, aber eine geringere Quantität anderer Salze enthaltend. Wassermenge 3313 Cubikzoll in der Minute; Temper. + 10° C., spec. Gew. = 1,0039.

4) Salzquelle – ausgezeichnet durch einen sehr beträchtlichen Gehalt an kohlensaurem Natron und anderen Salzen, ärmer aber an Eisen und Kohlensäure, als die drei erstgenannten Quellen. Temper. + 8° C., spec. Gew. = 1,00084.

5) Johannisquelle, an Eisengehalt mit den drei ersten Quellen ziemlich übereinstimmend, die ärmste aber an Salzen und Kohlensäure, dagegen deutliche Spuren von Schwefelwasserstoffgas enthaltend. Temper. + 8,5° C., spec. Gew. = 1,00012.

Die drei erstgenannten Quellen befinden sich in der Trinkhalle der Colonnade vereinigt, die beiden letzteren, welche erst 1851 aufgefunden wurden und wodurch Elster einen bedeutenden Gewinn erlangt hat, etwas oberhalb der Parkanlagen dicht am Elsterdamme, ebenfalls unter einem gemeinschaftlichen Pavillon.

Endlich noch weiter oberhalb auf dem rechten Elsterufer:

6) Der Moritzbrunnen, reich an Kohlensäure aber ärmer an Salzen und Eisen als die anderen Quellen. Temper. + 12° C., spec. Gew. = 1,00015.

Um die einzelnen Mineralquellen vor dem Zuströmen und der Beimischung wilden Wassers zu schützen, hat man neuerdings dieselben gehörig gefasst und abgesperrt. Uebrigens scheint die Gegend um Elster sehr reich an Mineralquellen zu sein, so dass man noch auf manchen segensreichen Fund zu hoffen berechtigt ist. – Amtliche Berichte liefern den Beweis eines in den Quellen vorhandenen so bedeutenden Reichthums und Ueberflusses an Mineralwasser, dass für jetzt und alle Zeiten der Andrang der Hülfesuchenden, so stark er auch immer sein möge, hinlänglich befriedigt werden kann.

O. Moser.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/110&oldid=- (Version vom 7.1.2017)