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Das Schloss Osterstein.


Das Schloss Osterstein in Zwickau ist auf derselben Stelle erbaut, auf welcher schon vorher das regierende Oberhaupt des Gau Zwickown seinen Regierungssitz hatte. Der Gauherr hiess Zupan, und die Veste des Zupan führte mit dem ganzen Gau den Namen Zwickown. In der Nähe der Veste hatten sich Sorben angesiedelt, trieben Ackerbau, Viehzucht und Handel.

Zu Ende des 9. Jahrhunderts machten die Sorben ein Bündniss mit den Böhmen und Daleminziern, versuchten ums Jahr 880 nach Thüringen einzudringen, wurden aber vom Herzog Popo geschlagen, der den Landstrich von der Elster bis an die Mulde, mithin auch Zwickau unter deutsche Botmässigkeit brachte, verschiedene Burgen anlegte und wohl auch den Zupan von Zwickau vertrieb, indess das Heidenthum aus dieser Gegend nicht ganz vertilgen konnte, und mit den heidnischen Sorben noch manchen harten Kampf bestehen musste, bis endlich im 10. Jahrhundert es dem mächtigen König Heinrich I. gelang, die Sorben auch im Gau Zwickau unter seine Oberherrschaft zu bringen, dem neu eroberten Gebiete, das von nun an Osterland hiess, mehrere Burgen zu geben und im Lande dem Christenthume Eingang zu erzwingen.

Heinrich bezwang die Böhmen, stellte die durch den Krieg und Wasserüberschwemmung zerstörte Veste und Stadt Zwickown oder Cyna wieder her, befestigte sie, und nannte sie wohl, weil dieselbe dem Osterlande zugehörte, Osterstein (östliche Burg), setzte in die Burg einen Voigt oder Burggraf, von denen der erste Cunico geheissen hat, welcher im Namen des Kaisers den Gau regierte, die Advocatia ausübte, und an den die Unterthanen in vorkommenden Fällen appelliren konnten.

Die Nichtadeligen wurden als erbliche Burgvoigte und Burggemeinen für den Garnisondienst in der landesherrlichen Veste bestellt, erhieltet dafür den Genuss des Burglebens, zu welchem ihnen entweder gewisse Grundstücke innerhalb des Reviers der Veste angewiesen, oder solche in einer gewissen Summe für immer vergütet waren.

Der Voigt hatte eine Menge Deutsche in seine Veste gezogen, welche mit ihren Familien ein solches Burglehn erhielten, und daher als Knappen, theils innerhalb der Mauern und Umgehungen, theils auch ausserhalb derselben, in der Nähe des Schlosses wohnten.

Zu diesen Bürgern, welche den Osterstein schützten und mehrere Freiheiten genossen, gesellten sich viele schon früher hier wohnhaft gewesene, zum Christenthum bekehrte Sorben, sowie auch andere Deutsche und betrieben in dieser für Ackerbau, Viehzucht und besonders dem kaufmännischen Verkehr so günstigen Gegend ihre Geschäfte.

Im Jahre 1085 erhielt vom Kaiser Heinrich IV., Graf Wipprecht von Groitzsch die Voigtei Zwickau. Von ihm ging solche auf Bertha Wipprecht, des älteren Tochter, Gemahlin des Grafen Dedo III. von Wettin über.

Bertha war eine fromme Frau und wirkte namentlich in ihrem langen Wittwenstande eifrig durch Stiftungen von Kirchen und Klöstern für Ausbreitung des Christenthums.

Bertha verschenkte später die Voigtei Zwickau an den Neffen ihres verstorbenen Gatten, Dedo IV., Grafen von Rochlitz.

Allein Kaiser Friedrich I. zog die Voigtei über Zwickau wieder zum Reich, weil sie als Reichsmannlehn nicht auf Bertha hätte übergehen und von dieser nicht hätte verschenkt werden können.

Auch legte er dem Voigt zu Zwickau den frühern Rang eines Burggrafen bei.

Diese Burggrafen waren kaiserliche Beamte, ohne irgend ein Eigenthum an der Voigtei zu erhalten, und dem kaiserlichen Oberhofrichter zu Altenburg untergeben; meistens bekleideten Grafen von Starkenberg diese Würde, die sich als Inhaber eines Reichslehns, Burggrafen von Starkenberg nannten.

Im Jahre 1197 ward vom Kaiser Philipp die Voigtei Zwickau an Theodor Dedo IV., des Fetten Sohn, verkauft, ging mit Theodors Tode 1207 auf dessen Bruder Conrad, und als mit Conrads Ableben die Rochlitzische Linie des Hauses Wettin erloschen, auf Dietrich II., den Bedrängten über.

Dietrich dem Bedrängten folgte 1221 Heinrich der Erlauchte, dem die kaiserlichen Kammergüter im Pleissnerlande nebst Zwickau, Chemnitz und Altenburg vom Kaiser Friedrich II. um 10,000 Mark Silber verpfändet wurden, als Mitgabe der zweijährigen Tochter des Kaisers, die mit Heinrichs Sohn, Albert, verlobt war.

Nach der Abtheilung Heinrichs mit seinen Söhnen erhielt Albert (der Unartige), Landgraf von Thüringen, diesen Pfandbesitz, der ihn unter seiner Oberaufsicht später seinem Sohne Heinrich abtrat. Dieser starb schon 1286, und Albert trat wieder als alleiniger Herrscher auf. Kaiser Rudolph von Habsburg erklärte 1273 die drei Städte für ausgeschlossen von der Verpfändung. Kaiser Adolph von Nassau übertrug jedoch 1292 dem Pfandbesitz dieser Städte um 10,000 Mark Silber an König Wenzeslaus von Böhmen, und in Folge einer abermaligen Verpfändung durch Kaiser Albert, lies sich Wenzeslaus 1298 huldigen.

Nach Kaiser Alberts Ermordung, durch seinen Neffen Johann von Schwaben, setzte sich 1309 Friedrich I. in Besitz des Pleissnerlandes, welches sein 1307 ermordeter Bruder Dietzmann seit 1280 für sich in Anspruch genommen hatte.

Die Voigte oder Burggrafen von Zwickau, welche im Schlosse Osterstein ihre Residenz hatten, dauerten bis ins 15. Jahrhundert fort, und führten den Vorsitz im Rathe. Am 22. März 1444 erlangte der Rath für 4000 Mthlr. die volle Gerichtsbarkeit und Schriftsässigkeit, und damit hörte der Vorsitz des Voigtes auf.

Von nun an führte der Voigt den Titel Amtshauptmann und hatte

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/320&oldid=- (Version vom 17.8.2017)