Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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bei der ansehnlichen Mahl- und Schneidemühle, die das vorletzte Haus im Norden bildet, und eine bedeckte stark und massiv gebaute beim Schlosse dem obersten Hause des Ortes.
Der Ort selbst enthält ausserdem noch ein Wirthshaus, eine Löffelplattenschmiede und ein Berglagegebäude bei der treuen Freundschaft Erbstollen, wo Vitriolkiese[WS 1] und Schwefelkiese u. s. w. gewonnen werden. Ausser der oben genannten Mühle (auch die rothe Mühle genannt) existirt auch noch die Schlossmühle mit 1 Gange und der Backgerechtigkeit. Eine Kirche befindet sich nicht im Dorf, vielmehr ist Sachsenfeld mit Untersachsenfeld, der neuen Welt, Wildenau und das Vorwerk nach Beyerfeld eingepfarrt, über welche hier dem Gerichtsherrn nach der Reformation das jus patronatus verliehen wurde.
Beyerfeld und Sachsenfeld sind gleichsam die Mutterörter der sächsischen Blechlöffelfabrikation, welche übrigens auch in den Dörfern Bernsbach, Pfannenstiel, Wildenau, Pühlau, Raschau, Zschorlau, Rittersgrün, Neuwelt, Grünstädtel und in den Städten Aue und Grünhein ihren Sitz hier ausgebreitet hat. Die Löffelfabrikation entstand erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts, erhob sich aber unglaublich geschwind zur herrlichsten Blüthe.
Im Jahre 1710 ungefähr gerieth ein Schlosser in Sachsenfeld auf den Einfall, die Löffel gleich aus Schwarzblech nach Form der jetzigen langen Löffel zu schneiden und kalt zu teufen, wodurch er täglich an 6 Dutzend liefern konnte.
Lange Zeit hindurch kannte man nur die Hauptsorten von Löffeln; nämlich die jetzt noch üblichen ordinären langen oder Schlosserlöffel, wie man sie nach dem ersten Verfertiger nannte, und die runden oder Doppellöffel. Gegenwärtig giebt es vom Bauer- bis zum Potagelöffel über 70 Sorten, welche nicht mehr aus Blech geschnitten, sondern aus Eisen geschmiedet werden.
In der Politur dieser verschiedenen Löffelsorten hat man es so weit gebracht, dass die feinsten oder sogenannten Silberlöffel auch in der That viel Aehnlichkeit mit echten silbernen Löffeln haben.
Hart an Beyerfeld liegt das Vitriol- oder Schwefelwerk, die Silberhoffnung.
Dieses ist eins der ältesten Werke des Erzgebirges, wo Schwefel, Vitriol, Vitriolöl und Scheidewasser gefertigt wird.
Die nöthigen Vitriol- und Schwefelkiese findet man auf Stamm-Asser am Graul in geringer Entfernung vom Fürstenberge auf Raschauer Gebiet.
Der Unterschied des Vitriols rührt von der verschiedenen Mischung der Bestandtheile desselben her. Es giebt blauen oder Kupfer-Vitriol und grünen Vitriol, welcher auch Eisen-Vitriol genannt wird. Aus letzterem brennt man das Vitriolöl. Ehe der Vitriol in die Kolben kommt, wird er geröstet und getrocknet, so dass er in eine Art weissen Mehls sich verwandelt. Aus diesem letztern treibt nun der Destillirofen durch heftiges Feuer jene Säure, Vitriolöl genannt, welches weis, hell, ohne Bodensatz, feurig und rauchend sein mus, so bald von der besten Sorte die Rede ist. Sobald eine Flasche geöffnet wird, raucht sie sehr sichtbar und deshalb alle Vorsicht anzurathen.
In Sachsen selbst wird das Oel in den Tuch-, Zeug- und Kattunmanufacturen von Bleichern, Gerbern, Färbern u. s. w. verbraucht.
Die meisten Vitriolbrunnen liefern auch Scheidewasser. Dieses theilt man in rauchenden Salpetergeist und in Scheidewasser.
Salzgeist brennt man nur zu Beyerfeld und Bockau, Hirschhorngeist im letztern Orte allein.
In hiesiger Gegend wird ausser dem Ackerbau und der Viehzucht die Spitzenklöppelei stark betrieben, und Tagelöhner und Handarbeiter finden in den verschiedenen Vorwerken und in den Königl. und Sachsenfelder Waldungen Beschäftigung.
Obersachsenfeld mit seinen 49 bewohnten Gebäuden und 454 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamt Schwarzenberg, ebenso Untersachsenberg mit 7 Häusern und 44 Einwohnern und Neuwelt mit seinen 333 Gerichtsuntergebenen, die auf 43 Häuser vertheilt sind.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Vitrtolkiese
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/305&oldid=- (Version vom 17.8.2017)