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in Ruppertsgrün und die kirchliche Andacht wurde darinnen von Mönchen aus dem Kloster zu Frankenhausen verwaltet, welche von daher requirirt werden mussten.

Berühmt ist diese Kirche durch ihre Festigkeit und das Gewölbe derselben wird deshalb für ein Meisterwerk erklärt, weil kein Sachverständiger den Schlussstein derselben finden kann.

Bis zum Jahre 1515 war Ruppertsgrün in die Mutterkirche zu Beiersdorf gewiesen, über welche, wie über die Filialkirche in Ruppertsgrün den Herren von Schönfels auf Ruppertsgrün von jeher das Patronatsrecht zustand, welche der Vater des 1484 lebenden Johann Sigismund von Schönfels von dem Burggrafen von Meissen und Leissnig acquirirt hatte. Vor der Reformation war der Naumburger Bischoff hier in geistlichen Angelegenheiten das Oberhaupt.

Zu Beiersdorf gehörten auch ausserdem noch in früherer Zeit zwei Filialdörfer Freyreuth (auch Frauenreuth) genannt, und Gospersgrün.

Ein Geistlicher in damaliger Zeit hat dies Filiale bisweilen vernachlässigt, so dass sich die Freyreuther zu einer Beschwerde bei dem damaligen Hauptmann in Greiz veranlasst fanden, welcher ihnen folgende Resolution ertheilte: Sie sollten, wenn der Pfarrer in Beiersdorf seine Schuldigkeit nicht thue, ihm auch kein Opfergeld und keine Hausgroschen mehr bezahlen.

Diese Beschwerden haben denn zur Abtrennung dieser wichtigen Filiale Veranlassung gegeben, so dass die Parochie jezt nur noch aus dem Pfarrdorfe Beiersdorf, mit den zu beiden Seiten davon ½ Stunde entfernt liegenden eingepfarrten Dörfern Gospersgrün gegen Osten und Reuth gegen Westen und aus dem Filiale Ruppertsgrün besteht.

In Ruppertsgrün muss alle Sonntage früh – früher als in Beiersdorf – Kirche gehalten werden.

Unter den Predigern zeichnete sich vorzüglich von 1634–1787 die Familie Martius aus, von welcher vom Urgrossvater an 4 gleichen Namens im Amte waren. Die Familie stammte aus Böhmen, wo der Urgrossvater als evangelischer Prediger fliehen musste.

In der Kirche zu Beiersdorf herrscht noch in vielen Stücken das Gepräge des Katholicismus vor. Vor dem Eingang ist noch der grosse steinerne Weihkessel und in der hintern Abtheilung auch der Schrank vorhanden, im gothischen Styl künstlich aus Stein gehauen, worinnen die Monstranz aufbewahrt wurde. Auf der Sacristei befindet sich ein Ueberbau, zu welchem eine steinerne Wendeltreppe hinauf führt, welche noch jetzt die katholische Kapelle genannt wird, wo noch das Christkindlein und andere Figuren nebst mehreren Marschallstäben zu finden sind.

Am Schlussstein dieses Ueberbaues ist das adlige Schönfelssche Wappen eingehauen, woraus genugsam hervorgeht, dass schon vor Erbauung dieser Kirche die Herren von Schönfels Ruppertsgrün besessen haben.

Im Schlosse zu Ruppertsgrün befindet sich ein Saal mit vielen Ahnen der von Schönfelsschen Familie, welche einen imposanten Anblick für die Beschauer gewährt, denn die alten vergangenen ritterlichen Zeiten treten dann recht lebhaft vor unsere Augen.

Ruppertsgrün mit Schloss und Kirche umfasst 78 Gebäude mit 540 Einwohnern, die jetzt dem Gerichtsamte Werdau einverleibt sind, während vor der neuen Gerichtsorganisation über 800 Gerichtsuntergebene zu der von Schönfelsschen Juris-Diction gehörten.

(M. G.)     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/303&oldid=- (Version vom 17.8.2017)